Mittwoch, 26. Oktober 2011

James Lee Burke in eigenen Worten

James Lee Burke (geboren 1936) lebt in New Iberia, Louisiana, und Missoula, Montana: New Iberia ist warm, feucht, üppig, überwuchernd und Montana (so entnehme ich es seinen Geschichten und so stelle ich es mir vor) ist weit, trocken, karg, einsam. Nach Hurrikan Katrina sprach James Lee Burke in seinen Büchern, Artikeln und Interviews über die Ausnutzung und mangelnde Hilfeleistung für New Orleans und die Region. Hier einige Zitate; die Übersetzungen sind unautorisiert und von mir, die genauen Quellen stehen unten.

„New Orleans ist keine Stadt. Es ist ein petrarkisches Sonett. Es gibt auf unserem Planeten keine andere Stadt wie diese. Ich glaube, es ist von Südamerika abgesägt und von Passatwinden über die Karibik geblasen worden, wo es sich an den südlichen Rand der Vereinigten Staaten geheftet hat.“ (1)


„Eigentlich hat ein Hurrikan einen Anfang und ein Ende. Er reißt die Erde auf, erfüllt die Luft mit fliegenden Bäumen und Ziegeln und Tieren und manchmal sogar Menschen, man rollt sich unter dem Tisch zusammen und betet, bis man Bluttropfen auf der Stirn hat, dann hört es auf und man kann hinterher aufräumen, so als hätte jemand der ganzen Stadt einen bösen Streich gespielt. Aber dieser hier funktionierte nicht so. Er tötet allmählich.“ (2)

„Es ist nicht einfach nur eine regionale Geschichte, sondern es hat mit der Nutzung und Ausbeutung der Naturressourcen zu tun, der Geschichte der petrochemischen Industrie, der tief verankerten Trennung der Rassen—all dem, was auch auf nationaler Ebene passiert.“ (3)

„Die Barriere-Inseln vor der Küste Louisianas sind schon lange von der Erosion abgetragen oder weggebaggert und auf Kähne gehäuft und als Parkplatzschotter verkauft worden. Die petrochemischen Betriebe haben ungefähr sechzehntausend Kilometer Kanäle durch die Feuchtgebiete gezogen, wodurch Salzwasser eindringt, das die Süßwassermarschen von Plaquemines Parish bis Sabine Pass vergiftet und absterben lässt. Die Deiche des Mississippi River schleudern Hunderte Tonnen Schlamm über den Rand des Kontinentalschelfs, so dass er nicht nach Westen an der Küste entlang fließt, wo er am meisten gebraucht wird. Louisianas Feuchtgebiete verschwinden mit einer Geschwindigkeit von einhundertzweiundzwanzig Quadratkilometern pro Jahr.“ (4)

„New Orleans wurde systematisch zerstört, und diese Zerstörung begann Anfang der achtziger Jahre mit der bewussten Halbierung der Bundesfinanzierung für die Stadt und der gleichzeitigen Einführung von Crack in die Sozialwohnsiedlungen. Für die unterlassene Reparatur der Dämme vor Katrina und dafür, dass Zehntausende ihrem Schicksal überlassen wurden, gibt es Gründe, die andere klären sollen. Doch in meinen Augen bleibt es eine unumstößliche Tatsache, dass wir gesehen haben, wie eine amerikanische Stadt am südlichen Rand der Vereinigten Staaten zu Bagdad wurde. Sollte es das, was in New Orleans passiert ist, in unserer Geschichte schon einmal gegeben haben, dann ist mir das entgangen.“ (5)

„Die Technik kann alles. Kann San Fran vor einem Erdbeben gerettet werden? Oder Los Angeles? Oder NYC vor einem weiteren Terroranschlag? Es hat den Anschein, dass man nur New Orleans rot durchstreichen will.“ (6)

(1) Burke, James Lee: „The City of Saints and Sancho Panza.“ Los Angeles Times. 18. September 2005. http://www.jamesleeburke.com/content/5 Abgerufen 12.1.2008 16:03.
(2) Burke, James Lee: „Jesus Out to Sea.“ Jesus Out to Sea. New York, 2007. S. 235
(3) Baker, Jeff: „From Montana’s Heartland: Redemption for New Orleans.“ Interview mit James Lee Burke. The Oregonian. 26. August 2007. www.oregonlive.com Abgerufen 28.8.2007 14:53.
(4) Burke, James Lee: The Tin Roof Blowdown. A Dave Robicheaux Novel. New York, 2007. S. 28.  
(5) Ibid., S. 369.
(6) Hood, John: „Hard Livin’ in the Big Easy. Two Years After Katrina, James Lee Burke
Doubles Up.“ The Miami Sun Post. http://miamisunpost.com/0823bound.htm Abgerufen 12.1.2008 16:05.

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