Freitag, 23. Dezember 2011

Happy holidays!

Auf meinen kleinen nächtlichen Erholungsspaziergängen komme ich hier an einer interessanten Mischung von Läden vorbei: Balkan-Imbiss, Süßes Café, Raucherkneipe Pascha, verschiedene andere neue alternative Läden und der Friseur Salon Al-Hadi. Als ich letztens etwas genauer hinsah, fiel mir der Untertitel auf: Herren Kinder.
Und da dachte ich, wie komisch, dass es in den USA auch Barbershops gibt, die auch nur für Herren sind (und Kinder), die sie sich dort rasieren und anderweitig zurechtstutzen können. Für New Orleans habe ich jetzt spezifisch keinen im Kopf, aber vor langer langer Zeit, im Dezember 1992, als ich noch jung und wild und in Texas auf der Durchreise war, habe ich mir mal in einem Barbershop in El Paso-Texas die Haare etwas kürzen lassen. Der Friseur hatte keinen Topf, hat es aber trotzdem preiswert und ganz ordentlich hinbekommen, und die Herren im Shop und ich haben uns köstlich amüsiert.
Es war übrigens klirrend kalt in El Paso, sehr kontinental, und als Grenzstadt mit Ciudad Juarez sehr mexikanisch geprägt. In der Mitte der Stadt gab es einen quadratischen Platz mit einem großen Weihnachtsbaum drauf. Damals sind wir von dort aus durch den Norden Mexikos gekurvt.
An dieser Stelle geht es bald weiter über das weiche, warme New Orleans.
Schöne Feiertage erst mal...

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Vernissage am 17.12.2011

Das Studio in the Woods kündigt an: Am Sonnabend, 17.12.2011, 14-16 Uhr, wird die Kunstinstallation eines derzeitigen Stipendiaten eingeweiht. Es handelt sich um ortspezifische Umweltkunst von Ron Staab. Diese Installation befindet sich im Bayou Bievenue, dem einzigen Sumpf- und Feuchtgebiet innerhalb von Orleans Parish, d.h. im eigentlichen New Orleans ohne angrenzende Vororte. Von einem frisch gebauten Podest aus kann man die Installation und die einzigartige Landschaft beschauen. Vielleicht lieber Gummistiefel statt Hackenschuhe.
Heute 24 Grad, Wettervorhersage für Sonnabend 17 Grad und sonnig. Treffpunkt: Ecke Caffin und Florida Avenue in der Lower Ninth Ward.
Wenn ich könnte, würde ich mir so wie Ron Staab vor Ort einen sanften Wind ins Gesicht wehen lassen.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Freitag, 2. Dezember 2011

Brangelina in New Orleans

Im Jahr 2007 kauften Brangelina für 3,75 Millionen Dollar im French Quarter eine Villa, mit zwei Parkplätzen, absoluter Luxus. Und als sie dort so in New Orleans waren, fiel Brad Pitt auf, dass die Lower Ninth Ward, die ungefähr 7 Kilometer und viele Lichtjahre von dort entfernt liegt, nach dem Hurrikan Katrina 2005 immer noch in Trümmern lag. Die Lower Ninth Ward ist das Viertel, das im Osten der Stadt direkt am Industrial Canal liegt und unmittelbaren von den brechenden Dämmen betroffen war. Das Viertel wurde praktisch in den Fluten weggeschwemmt, Häuser angehoben und auf Autos wieder abgesetzt, in einander geschoben, völlig zerschmettert. Als ich vier Monate später das erste Mal dort war, lag auch der eiserne Schleppkahn noch da, der den Damm durchbrochen hatte und auf einem kleinen Schulbus zum Liegen gekommen war. Die Lower Ninth Ward wurde symbolisch für den vermeintlichen Untergang von New Orleans, den manche, die die Stadt nicht kennen, immer noch süffisant beschwören.  
Möglicherweise wäre es das Ende von Teilen der Lower Ninth Ward gewesen. Es ist ein abgelegenes Viertel, ein schwarzes Arbeiterviertel, in dem vielen Leuten ihr Haus gehörte, die aber keine Versicherung hatten oder nicht die Mittel zurückzukehren, wieder aufzubauen, und vielleicht als einzige in einer Brache zu leben?
Also gründete Brad Pitt, der sich für Architektur interessiert, das Projekt Make it Right, rekrutierte renommierte Architekten aus aller Welt und sammelte Geld, damit die Familien, die es wollten, in hypermoderne, nachhaltige und flutsichere Häuser einziehen können. Dass sie von der Architekturtradition in New Orleans beeinflusst sein sollen, sieht man aber nur daran, das sie länglich und die Räume hinter einander angeordnet sind. Ich war skeptisch, denn im Internet sahen die Entwürfe  aus, als wären UFOs in der Pampa gelandet, und in einer so traumatisierten,  so traditionsstarken Stadt wie New Orleans, erschien mir das blasphemisch. In meinem Artikel schrieb ich damals:
„Auch Brad Pitts Projekt Make it Right New Orleans will es den ursprünglichen Bewohnern ermöglichen, in ihr Viertel zurückzukehren. Es sieht durch Spenden mitfinanzierte, ökologisch nachhaltige Einfamilienhäuser auf einem ausgedehnten Areal in der Lower Ninth Ward vor, das er als symbolisch für die Seele von New Orleans erachtet. Renommierte Architekten aus aller Welt tragen in ihren Entwürfen der Gefahr von Hurrikanen und Überflutungen Rechnung und, dem Bekenntnis nach, auch örtlich tradierten Baustilen. Die Pläne zeigen hochqualitatives Design nach ökologischen Prinzipien: Häuser auf hohen Stelzen, Solarpaneele, innovative Kühlung und Wärmedämmung, aber auch hohe offene Räume und schräge Wände und Fenster, die sich nur lose an Lokalem orientieren. Pitt wollte die Chance ergreifen, auf einer Art Tabula rasa („blank slate“) etwas Zukunftsweisendes zu schaffen. Die Prämisse vom unbeschriebenen Blatt ist unter einer Schicht von Neubewohnern im Gesundheitswesen, Architektur, Stadtplanung oder Bildung verbreitet, die mit Non-Profit-Organisationen, Stiftungen und Firmen in die Stadt kamen. Doch sie ist anmaßend, denn auch Menschen, die womöglich bei Null beginnen, kommen mit ihrer eigenen Geschichte und Kultur. Der Autor Kalamu Ya Salaam spricht sogar von einem Friedhof: ‚Leute kamen ums Leben, und die bauen auf ihren Gebeinen’. Wohl meinenden Zugezogenen wirft man deshalb auch vor, nur oberflächlich mit den Einheimischen zu interagieren und sie zu bevormunden.“
Doch als ich vor zwei Jahren in New Orleans war und wir zur Besichtigung durch das Viertel fuhren, da standen tatsächlich lachende Hausbesitzer vor den Türen und auf den Veranden und winkten, und so habe ich meine Meinung geändert. Damals standen ungefähr neun Häuser, jetzt sollen es an die fünfundsiebzig sein. Im März 2012 findet übrigens eine große Spendengala statt, an der auch die aus New Orleans gebürtige Komikerin Ellen DeGeneres (sprich: DeDschenneris) teilnehmen wird. Es gibt  Skeptiker, die sich zum Beispiel fragen, warum schon wieder Spenden notwendig sind. Ein Internetkommentator nannte das ganze Make It Left (make it right—es etwas berichtigen, make it left, es links zu machen). Natürlich ist es einfach, ökologisch, links und sozial zu sein, wenn man sich eine Sechs-Zimmer-Villa in der 521 Governor Nicholls Street im French Quarter als Wochenendlaube leisten kann. Aber nett ist es doch! Und fünfundsiebzig Familien leben jetzt wieder dort, wo sie heimisch waren.
Übrigens wollten bei den letzten Wahlen zum Bürgermeister 2009 einige Brad Pitt als Kandidaten aufstellen. Er ist es dann aber doch nicht geworden...