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Samstag, 17. November 2012

Öl

Vor zwei Tagen wurde bekannt, dass sich British Petrol für die Deepwater Horizon-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko für schuldig erklärt hat (siehe hier), auch für die fahrlässige Tötung und die Behinderung von Ermittlungen seitens des Kongresses. Der Konzern hat sich mit der US-Regierung u.a. auf eine Strafe in Höhe von 3, 5 Milliarden Dollar geeinigt. Weitere Verfahren und Strafen stehen noch aus. Allerdings wurde im Radio bemerkt, dass es BP nicht verboten ist, weiterhin mit der Regierung Ölgeschäfte zu betreiben.
Das Geld ist bereits zugeteilt worden, soll der Behebung der Schäden dienen. Knapp 2,4 Milliarden Dollar sollen an die National Fish and Wildlife Foundation gehen. Die demokratische Senatorin für Louisiana, Mary Landrieu, zeigte sich von deren Arbeit beeindruckt, allerdings auch besorgt darüber, dass nur eine Person in deren Aufsichtsrat von der Golfküste stammt.
Gestern wurde gemeldet, dass auf einer anderen Ölplattform, die nicht von BP sondern von Elk Energy aus Texas betrieben wird, ein Feuer ausgebrochen ist und mehrere Personen vermisst werden. Diese befindet sich auch im Golf von Mexiko 40 Kilometer vor der Küste von Grand Isle. Hier ein kleiner Videobericht mit Kommentar auf Schwyzerdütsch.
Heute habe ich einen kleinen Ausschnitt aus der satirischen Bill-Maher-Show gesehen, wo er Präsident Obama daran erinnert, dass er jetzt keine Angst mehr haben muss, nicht wiedergewählt zu werden und endlich alles umsetzen kann, was er versprochen hatte: Den Krieg beenden, die Truppen abziehen, Windenergie entwickeln...
Windräder im Ozean 40 Kilometer vor der Küste sind sicher sogar im Falle einer Havarie weniger gefährlich als Öl und Feuer. Oder wie heute auf Facebook gesehen (ein Foto mit Solarpaneelen): "Wenn es eine riesige Sonnenpest gibt, dann nennt man das einfach nur einen schönen Tag."

Sonntag, 8. April 2012

Osterspaziergang

Heute morgen beim Spaziergang durch den Park ging es mir durch den Kopf: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche...“, und ich dachte mir, aha, zu Goethens Zeiten waren also die Flüsse im Winter zugefroren, was mit unserer Spree hier zwar in diesen Jahren wieder so ist, aber nicht immer so war.
So erlaubt uns die Literatur Rückschlüsse auf die Natur, und so lese ich in der Literatur ein bestimmtes Bild von der Natur mit. Vor allem Louisiana, New Orleans ist für mich ein Ort, wo ich die Natur und die Umwelt immer mitdenke und die für mich viel von ihrem Zauber ausmachen.
Das wurde mir auch insbesondere klar, als ich an dieser Stelle vor kurzem über Kate Chopins Das Erwachen schrieb. Denn während mir beim Lesen intensiv die Esplanade Avenue in New Orleans vor Augen stand, so wie heute, nur ohne Autos und mit langberockten und behandschuhten Damen, die unter Rüschensonnenschirmen über die Bürgersteige schweben, wollte mein Bild von Grand Isle absolut nicht mit dem von der Autorin beschriebenen übereinstimmen. 
Kate Chopins Insel ist nämlich eine luftige, paradiesische Oase mit edlen weißen Sommerhäuschen unter schattigen Bäumen. Die Grand Isle, die ich kenne, hat nur vereinzelt Bäume, die im Sand wachsen, ist eher einfach und provisorisch bebaut und scheint sich in den Elementen nur noch mit letzter Kraft zu behaupten. Wie überall in Louisiana, wo in den malerischen Bayous alte Kähne vor sich hinrosten und am Mississippiufer ganze Anlagen verwahrlosen, so wirkt auch Grand Isle, von den Eigenheimen und dem naturbelassenen State Park abgesehen, nicht besonders sorgfältig behandelt. Und das war lange vor der BP-Ölkatastrophe.
Eines der größten Probleme Louisianas ist, dass der Bundesstaat jährlich massiv an Boden verliert, auch weil die Deichanlagen des Mississippi dazu führen, dass der Schlamm des „Muddy River“ weit im Golf von Mexiko abgesetzt wird und nicht vor der Küste, wo er gebraucht wird. Die Gewinnung von Öl und Gas, das Anlegen von Erkundungskanälen, durch die Salzwasser in die Marschen eindringt, und die Verbreitung der Nutria führen dazu, dass jährlich ca. 122 km2 Feuchtgebiete verloren gehen. Wie sehr die Insel sich verändert hat, habe ich selbst gesehen: Allein die Hurrikane Katrina und Rita 2005 haben ca. 560 Quadratkilometer Marschland in offenes Wasser verwandelt. Der Name der benachbarten Halbinsel Chênière Caminada deutet auf ein Eichenwäldchen hin, heute eine Marschlandschaft mit sporadischen Bäumen.
Dabei ist die Eiche, genauer gesagt die Lebenseiche (live oak), die auf Deutsch wohl auch Virginia-Eiche heißt, für mich der typischste und schönste Baum Louisianas. Es ist der Baum, der die berühmte Oak Alley Plantation so verwunschen aussehen lässt. Mit seinen knorrigen, starken, weit auf den Boden reichenden Ästen, die mit Efeu und Spanischmoos bewachsen sind, ist er exotisch, bizarr und schön und Heimstatt für unzählige Vögel. Aber vor allem ist er auch unverwüstlich und standhaft und uralt, hält Stürmen und Unwetter stand, eine beständige Präsenz in einer unsteten und vergänglichen Landschaft.

Montag, 12. März 2012

Das Erwachen von Kate Chopin: ein Glossar

Grand Isle: Wörtlich „große Insel“, ist die größte der so genannten Barriereinseln im Golf von Mexiko, ca. 3 Stunden Autofahrt von New Orleans. Die Insel lebt vor allem von Touristen, die hierher zum Fischen kommen (es gibt einen kleinen Bootshafen), im Naturpark campen und Pelikane und gegebenenfalls Delfine beobachten oder an Festivals teilnehmen wollen. Deshalb findet man im Internet keine Informationen über die Ölraffinerie, die sich auch auf der Insel befindet. Es gibt auch viele private Ferienhäuser, die auf meterhohen Stelzen stehen. Als Barriereinsel ist es sozusagen die Aufgabe von Grand Isle, die Wucht der Hurrikane aufzunehmen und abzufangen. Laut Wikipedia ist die Insel alle 2,68 Jahre von einem Hurrikan betroffen und alle 7,88 Jahre direkt der Breitseite eines Hurrikans ausgesetzt. Als ich 2009 das letzte Mal auf Grand Isle war, war die Auswirkung von Katrina und Rita (beide 2005) deutlich zu sehen: Viele Geschäfte und Hotels gab es nicht mehr und die geographische Form der Insel war völlig verändert und verkleinert. Es war außerdem eine ganz neue Zufahrt zu der Insel gebaut worden.

Chénière Caminada: Das französische Wort chêne bedeutet Eiche, während das Wort chénière meines Wissens in Frankreich nicht bekannt sondern eine typische Cajun-französische Bildung in Louisiana ist und in etwa „mit Eichen bewachsener Kamm“ bedeutet. Auch Chénière Caminada gehört zu den Barriereinseln, obwohl sie technisch eine Halbinsel ist. Ich bin unwissentlich schon zig Mal darüber gefahren, denn die Staatsstraße 1 durchquert sie auf dem Weg nach Grand Isle. Chénière Caminada war schon 1893 von einem auch von Kate Chopin beschriebenen Hurrikan stark betroffen. Es befindet sich westlich von Grand Isle und ist über eine knapp 2 Kilometer lange Brücke mit der Insel verbunden. Bei der Anfahrt nach Grand Isle fährt man ungefähr die letzte Stunde durch Marschen, wo im Wasser immer wieder einzelne Bäume und Grasbüschel stehen. Eine scheinbare statische, aber doch lebendige, bizarre Landschaft.

Piroge: einfaches Holzboot in Einbaumform, das die Cajuns gern benutzen. Das Wort kam über das Französische aus dem Spanischen (piragua) ins Deutsche und Englische (Pirogue).

Quadroon: vom Spanischen cuarterón, vom Lateinischen quartus bezeichnet eine Person, die zu einem Viertel schwarze Vorfahren hat. Dementsprechend bezeichnet Octoroon jemanden mit einem Achtel schwarzer Vorfahren, die zumeist aus unehelichen Beziehungen von Schwarzen und Weißen hervorgingen. Im New Orleans der Vergangenheit waren Quadroons und Octoroons oft frei und nicht versklavt, was sich dann durch den Louisiana Purchase 1803 änderte. Diese Begriffe werden heute nur noch im historischen Zusammenhang verwendet.

Griffe: bezeichnete eine Person mit drei Viertel schwarzen Vorfahren und einem Viertel weißen oder indianischen Vorfahren. Siehe oben.

Bayou Brulow: In meinem Atlas von Louisiana ist es nicht verzeichnet und auch im Internet nicht zu finden. Vielleicht existiert es nach den vielen Hurrikanen nicht mehr? Ein Bayou ist ein stehender oder träge fließender Wasserarm, der durch Marschen und Sümpfe in einen See, Fluss oder Golf fließt. Der Begriff stammt vermutlich aus dem Choctaw-Indianischen und wird nur in Louisiana und angrenzenden Gebieten verwendet. Somit denkt man bei Bayou an eine exotische, ländliche, aber auch rückschrittliche Gegend, wo Cajuns leben. In den siebziger Jahren machten Linda Ronstadt und Paola (auf Deutsch) den Roy-Orbison-Hit Blue Bayou berühmt.

Grand Terre: Wörtlich „großes Land“, eine nordöstlich an Grand Isle anschließende Barriereinsel, die wie diese die Barataria Bay (Barataria-Bucht) zum Golf von Mexiko hin begrenzt. Auf der Insel befinden sich die Ruinen des Fort Livingston sowie ein Meereslaboratorium des Louisiana Department of Wildlife and Fishery und eine Station der Küstenwache. Es ist heute nur mit dem Boot zu erreichen. Auf dieser wie auch anderen Inseln war Anfang des 19. Jahrhunderts der legendäre Pirat Jean Lafitte aktiv, nach dem heute noch viele Orte benannt sind, so auch der Jean Lafitte National Historical Park and Preserve. Von der BP-Ölkatastrophe waren die Inseln natürlich auch betroffen.

Louisianamoos: Dieses deutsche Wort für Spanish moss („spanisches Moos“, Tillandsia usneoides) habe ich erst aus Das Erwachen gelernt. Es wächst in den Südstaaten an den Bäumen, besonders wo es feucht ist, und gleicht langen Bärten oder wahlweise Hexen- oder Prinzessinnenhaaren, die im Winde wehen. Es macht die Landschaft besonders verwunschen oder auch „gotisch“. Früher wurde Lousianamoos als Polster- und Verpackungsmaterial verwendet, zum Mulchen oder zum Ausstopfen von Voodoopuppen (laut Wikipedia). Es ranken sich Legenden darum und es gibt Lieder und Geschichten. Wichtig war es auch für den Bau von Wohnhäusern der Cajuns für die Herstellung von Bousillage (einer Mischung aus Spanischmoos und Lehm) als Material für die Wände zwischen den Holzpfosten. Die Verwendung von Bousillage in Louisiana ist ab Anfang des 18. Jahrhunderts nachgewiesen.

Akadier: Im Englischen Acadian, vom Französischen acadien, heute Cajun (sprich: Kejdschin). Nachfahren der französischen Siedler aus Akadien (der kanadischen Provinzen Nova Scotia, New Brunswick, Prince Edward Island), die zwischen 1755 und 1763 von den Briten deportiert wurden und sich vor allem im französischsprachigen Louisiana ansiedelten, wo sie auch ihre ländliche und auf Fischerei basierende Kultur fortführen konnten. Die Sprache der Cajuns hat seit den sechziger Jahren einen Wiederaufschwung erlebt, während die Kultur (Musik, Tänze, Essen, Karneval) ohnehin lebendig war. Heute sollen ca. 5 Prozent der Bevölkerung noch Französisch oder Cajunfranzösisch zu Hause sprechen.

Kreolen: Eigentlich die Nachfahren der Franzosen oder Spanier, so wie Kate Chopin oder ihr Ehemann. Heute bezeichnet kreolisch oft auch die Nachfahren französischsprachiger Schwarzer, die z.B. aus Haiti oder anderen Ländern der Karibik zugewandert oder aus anderen Gründen eine französische Kultur hatten. Die europäischstämmigen Kreolen verwahren sich oft gegen diese Verwendung.

Kate Chopin: Schriftstellerin (1850-1904) aus St. Louis, Missouri, einer damals wohl auch noch kreolisch geprägten Stadt, in der sich inzwischen vor allem der deutsche Einfluss durchgesetzt hat. 1870 heiratete sie Oscar Chopin und lebte mit ihm in New Orleans, nach seinem Bankrott in Cloutierville, Louisiana. Sie hatten sechs Kinder. 1882 starb ihr Mann und zwei Jahre später zog sie nach St. Louis zurück, wo sie zu schreiben begann und einen literarischen Salon betrieb. Das Erwachen rief einen Sturm der Empörung hervor und Kate Chopin starb, ohne den verdienten Ruhm genießen zu können. Das Wohnhaus und Museum in Cloutierville ist vor ein paar Jahren abgebrannt.