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Dienstag, 14. August 2012

Stadt, Kultur und Gesellschaft

Jetzt in den Semesterferien wird eine Magisterstudentin aus einem meiner Kurse mit Wohnmobil und Freund kreuz und quer durch die USA reisen. Fest geplant ist auch ein Halt in New Orleans, und zwar weil sie sich über ein Doktorprogramm informieren will.
Die Tulane University zählt durchaus zu den renommierten privaten Universitäten der USA, vor allem für Humanwissenschaften, Französisch und Italienisch, dachte ich. Im Internet habe ich gesehen, dass manche es als „Harvard des Südens“ bezeichnen, was sicher etwas übertrieben ist, und andere als „Jewlane“, weil wohl ein großer Anteil der Studenten aus reichen jüdischen Familien stammt. Tulane ist teuer, hat einen gepflegten, mit Lebenseichen beschatteten Campus (Foto) gleich an der St. Charles Avenue und die Bibliothek ist sicherlich die best bestückte im Staate Louisiana und vermutlich in Mississippi, Alabama und Arkansas noch gleich mit und steht auch der Öffentlichkeit (mir zum Beispiel) offen.
Was ich aber bisher nicht wusste, ist, dass Tulane auch eine School of Social Work hat (eine Fakultät für Soziale Arbeit), die allerdings nur Magister- und Doktorstudiengänge anbietet. Darunter gibt es sehr interessante Kombinationen, wie Magister in Sozialer Arbeit mit Public Health (Volksgesundheit), mit Zertifikat in Disaster Mental Health (psychische Gesundheit bei Katastrophen) und einen Magister in Globaler Sozialer Arbeit, der, so heißt es, besonders für die Arbeit beim Roten Kreuz, der UNO, im Peace Corps usw. ausbildet.
Die Studentin interessiert sich für ein Doktorat in einem von zwei interdisziplinären Programmen, die ebenfalls in Folge von Hurrikan Katrina aufgelegt wurden. Das eine ist in Aging Studies (Altersstudien) und das andere heißt City, Culture, and Community (Stadt, Kultur und Gemeinschaft/Gesellschaft) und integriert Lehrkräfte aus der Soziologie und Urbanen Studien, Architektur, Recht, Human- und Naturwissenschaften. Das Programm befasst sich mit den Zusammenhängen zwischen der physischen und der bebauten Umwelt und sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen und Prozessen, die für städtische Räume prägend sind. New Orleans, vor allem nach Katrina, bietet natürlich jede Menge Anschauungsmaterial.
So gibt es zum Beispiel, davon ganz unabhängig, ein Sommerprogramm für New Orleanser Schüler, das die nichtkommerzielle Organisation Kids Rethink New Orleans Schools (Kinder überdenken New Orleans’ Schulen – Rethink) seit 2006 ausrichtet. Dabei treffen sich sechs Wochen lang Grund- und Mittelschüler aus New Orleans und erarbeiten Vorschläge für ihre Schulen, besonders auch was die Schulkantine und das Essen betrifft. 2007 konnten die Rethinkers durchsetzen, dass die Sporks abgeschafft wurden (eine Kombination aus Löffel und Gabel), die sie als entwürdigend empfanden. Inzwischen haben sie so einige Verbesserungen erzielen können, aber die Einführung von Metallbesteck wird „aus Sicherheitsgründen“ weiterhin nicht erfolgen. (Mehr hier.)
Solche und andere Programme gibt es natürlich viele und bestimmt wird auch an der Tulane University über ihren Nutzen geforscht. Das Studium ist teuer, aber es gibt Stipendien und Assistenzstellen und eine unvergessliche Lebenserfahrung. Und ich hätte vielleicht schon nächstes Jahr einen neuen Kaffeeklatschkontakt in New Orleans...

Sonntag, 9. Oktober 2011

A Studio in the Woods

In dem deutschen Dokumentarfilm The Sound after the Storm, der Anfang des Jahres hier in einigen Kinos lief, erzählt der Klarinettist, Jazzhistoriker und Universitätsprofessor Dr. Michael White, wie er im Hurrikan Katrina sein Haus und sein Jazzarchiv verloren hat, darunter ein Mundstück von Sidney Bechet, eine Originalnotenschrift von Jelly Roll Morton und 4.000 Bücher. Ein einmonatiger Aufenthalt 2007 in A Studio in the Woods, so erzählt er, habe ihm damals geholfen, wieder arbeiten zu können. Das Ergebnis war eine neue CD Blue Crescent (unter click here gibt's dort eine Hörprobe).
A Studio in the Woods (Ein Studio im Wald) ist ein Programm der renommierten Tulane University in New Orleans, inmitten von ca. 3 Hektar Waldgebiet am anderen Ufer von New Orleans (der West Bank) am Mississippi gelegen. Die frühere Zuckerrohrplantage ist seit zehn Jahren eine Residenz für Künstlerstipendiaten. Das Besondere ist die kreative Stille und Ferne zur Großstadthektik, kombiniert mit der intimen Nähe zu dieser einzigartigen südlousianischen Natur, zum Mississippi und zum Wald. Teile des Waldes sind seit 30 Jahren nicht betreten worden; Ziel ist es, in den nächsten 50 bis 75 Jahren den Urzustand wieder herzustellen. Eine einzigartige Kombination also aus Kreativität und Umweltschutz. 
Die Autorin Sheryl St. Germain berichtet in einem kürzlich veröffentlichten Essay von ihrem Aufenthalt im Mai 2005, unter schwierigen persönlichen Bedingungen, und über einen Spaziergang, den sie im Jahr darauf nach Katrina dort mit dem Umweltkurator David Baker unternahm. Er machte sie einerseits auf die Zerstörungen aufmerksam, der Baumkronen und der Pflanzen, und zeigte ihr andererseits, dass diese auch Chancen für andere Pflanzen bietet, für die Zurückdrängung einer chinesischen Parasitenpflanze. Selbstheilungskraft der Natur eben.
Im Frühjahr 2011 gab es die letzte Ausschreibung zum Thema Ebbe und Flut für mehrere 60-tägige Aufenthalte. Die Filmemacherin Rebekka Snedeker war jetzt im September dort, der Lyriker Benjamin Morris ist es wohl jetzt gerade, beide aus New Orleans. Am Freitag begann eine Ausstellung zum 10. Jahrestag des Bestehens in der Carroll Gallery auf dem Campus der Tulane University: „10 years, 47 artists“.
Ich war noch nie in A Studio in the Woods. Aber ich träume...