Samstag, 26. Januar 2013

Moira Crones "The Not Yet" ist nominiert

Der New-Orleans-Science-Fiction-Roman The Not Yet der Autorin Moira Crone ist auf der Shortlist für den Philip K. Dick Award, einen nationalen Preis für das beste Science-Fiction-Buch im Paperback. 
Ihr Roman zeigt eine zunächst verwirrende, dann faszinierende Schreckensvision einer Menschenkaste, die sich durch Biotechnik unsterblich gemacht hat und alle anderen dominiert und ausbeutet, dabei natürlich Sinnesgenüssen wie der Liebe, auch der körperlichen, völlig entfremdet ist. Die jugendliche Hauptfigur Malcolm, die eigentlich nach beflissener Anpassung strebt, erfährt dabei -- gerade weil er sich verliebt -- letztlich einen Sinneswandel mit unbestimmtem Ausgang. 
Das Ganze spielt in der ersten Hälfte des 22. Jahrhunderts in einem auf Inseln reduzierten New Orleans und Umgebung und ist damit auch eine subtile Verarbeitung des Hurrikans Katrina. Hier meine Besprechung des Romans, hier Moira Crones Antworten auf meinen New-Orleans-Fragebogen (auf Englisch und auf Deutsch) und hier ein paar Auszüge aus dem Roman.
Philip K. Dick (1928-1982) war übrigens ein großer Science-Fiction-Schriftsteller, dessen Bücher zumeist im Paperback erschienen. Die Preisverleihung findet am 29. März 2013 in Seattle statt. Der Preis wird von der Philadelphia Science Fiction Society ausgeschrieben und scheint dotiert zu sein. Zeit, dass die deutschen Verleger den Roman entdecken?

Dienstag, 22. Januar 2013

Aktuelles


1
Letzten Freitag ist Ex-Bürgermeister Ray Nagin der Korruption angeklagt worden. Als er 2002 ins Amt gewählt wurde, war er ein großer Hoffnungsträger gewesen: relativ jung, elegant, gut aussehend, und als einer der erfolgreichen Manager der Kabelfirma Cox Communications – so hoffte man – unbelastet von den Verstrickungen und Mauscheleien der politischen Kaste in New Orleans. Eine Art Lichtgestalt. Während der Katrina-Katastrophe war auch er heillos überfordert, machte jedoch auf sich aufmerksam, als er in einem Interview am 3. September 2005 die Bush-Regierung für ihre Tatenlosigkeit beschimpfte. Auch mit seiner Erklärung im Januar 2006, dass New Orleans wieder „chocolate“ werden würde, machte er Schlagzeilen. Obwohl man in New Orleans sagte, dass Katrina ihn „gebrochen“ hätte, wurde er 2006 für eine zweite Amtszeit gewählt.
Nach Katrina war immer vom Ausverkauf der Afroamerikaner die Rede. Spätestens diese Anklage deutet darauf hin, dass Nagin und andere Stadtväter, zumeist selbst Afroamerikaner, an diesem Ausverkauf Teil hatten. (Zu sehen übrigens auch in der Fernsehserie Treme.) Ein Bundesgericht klagt ihn jetzt für die Annahme von Bestechungsgeldern, für Geldwäsche und viele andere Sachverhalte an, was auch der deutschsprachigen Presse fast überall eine kleine Meldung wert ist. Die Times-Picayune hat einige dieser Transaktionen analysiert. Seit 2010 lebt Nagin übrigens in der Umgebung von Dallas.

2
Übernächstes Wochenende (am 3. Februar 2013) findet das Football-Abschlussspiel der Saison 2012, der so genannte Super Bowl, in New Orleans statt. Die Baltimore Ravens spielen gegen die San Francisco 49ers, im Superdome, der während Katrina tagelang als Zuflucht für Tausende Betroffene diente und seit der Renovierung nach einer großen deutschen Automobilfirma benannt ist. Die Stadt bereitet sich seit Längerem auf den Tag vor und hofft vermutlich, dass dies ein weiterer Schritt zur Rehabilitierung ihres Rufs als Touristenattraktion ist und ihr einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, was sich möglicherweise schon ein wenig abzeichnet. Der Flughafen wurde ausgebaut und die Straßen in der Umgebung erweitert und repariert, so dass man dort nur auf Einbahnstraßen im Kreis fahren konnte. Der größte Einschnitt: Die Termine für zahlreiche Mardi-Gras-Paraden mussten verschoben werden, da die Karnevalssaison auf Hochtouren läuft, noch bis zum 12. Februar. Dies betraf zum Beispiel die Krewe de Vieux (zu Fuß, durchs French Quarter), die schon letztes Wochenende umzog.
Alicia Keys wird die Nationalhymne singen; Beyoncé tritt in der Halbzeitpause auf.

3
2012 berichtete die Times-Picayune in der achtteiligen Reportageserie „Louisiana Incarcerated*“ (Louisiana eingesperrt) ausführlich über das korrupte Gefängnissystem Louisianas, in dem mehr Menschen als im Rest der Welt hinter Gittern leben. Am 4. Februar 2013 wird diese Serie mit dem John Jay HF Guggenheim Prize for Excellence in Criminal Justice Reporting 2012-2013 (also für Berichterstattung über das Strafrechtssystem) ausgezeichnet. Allerdings hat sich die Times-Picayune inzwischen auf Digital verlegt und bringt nur noch drei Druckausgaben wöchentlich heraus. Im Zuge dieser Umstruktierung wurden zahlreiche Reporter entlassen, darunter 9 der 20 an der Serie beteiligten Journalisten. Eine davon, Cindy Chang, arbeitet jetzt bei der Los Angeles Times. Das Preisgeld, meinte sie, wird dem DashThirtyDash-Fond gespendet, der entlassene Times-Picayune-Reporter unterstützt. Diese Nachricht habe ich aus dem Gambit und nicht aus der T-P.
* Zwar habe ich letztes Jahr hier über die Serie berichtet, aber erst jetzt ist mir der klevere Titel aufgefallen: Louisiana Incarcerated, wobei „Inc.“ in etwa „GmbH“ bedeutet.


Sonntag, 20. Januar 2013

Mary Gehman


Viele Menschen, die in New Orleans geboren und aufgewachsen sind, tauchen tief in die Kultur, Geschichte und Tradition – in die Seele – ihrer Stadt ein. Sie wissen viel und wollen noch mehr wissen, und sie sind froh dazuzugehören. Ein Beispiel dafür ist die beliebte New-Orleans-Trivia-Kolumne in der kostenlosen, wöchentlich erscheinenden Programmzeitung The Gambit, bei der die Leser einem angeblichen Blake Pontchartrain ihre Fragen stellen (Hey Blake, ...). Der Name ist dem Salzwassersee Lake Pontchartrain im Norden von New Orleans nachempfunden. Hier einige der letzten Fragen: Was kannst Du mir über das Carver Theater sagen? Wer war Sam Bonart? Was ist aus der Straßenlaternenskulptur auf der South Rampart/Ecke Canal Street geworden? Wo wohnte Truman Capote in seinen ersten Jahren in New Orleans? 
Dann gibt es noch die Radiosendung American Routes von WWNO, in der Nick Spitzer wöchentlich zwei Stunden lang Musik nicht nur, aber doch oft aus New Orleans spielt. Der Radiosender WWOZ sendet ausschließlich Jazz, Musik und Interviews aus New Orleans; in der Preservation Hall spielen aktuelle Musiker traditionellen Jazz. In den Museen sind Gemälde aus New Orleans zu sehen; die Historic New Orleans Collection sammelt und erforscht die Geschichte der Stadt und gab mir kürzlich für eine Übersetzung Auskunft über ein prunkvolles Gebäude, Gallier Court, das es schon seit 1900 nicht mehr gibt und das mein Autor auch noch falsch geschrieben hatte.
Die Zugezogenen sind manchmal fast noch ein bisschen passionierter als die Einheimischen. So ist die Deutsche Ina Fandrich eine große Kennerin vor allem der afroamerikanischen Kultur („In meiner zweiten Woche in den USA bin ich schwarz geworden...“). Schriftsteller schreiben über ihre Stadt, auch und vor allem unmittelbar nach der Katrina-Katastrophe: Richard Ford, Tom Piazza, Andrei Codrescu, James Lee Burke... 
Auch auf diese Schriftstellerin und versierte Expertin bin ich durch ihren ausführlichen Katrina-Bericht aufmerksam geworden: Mary Gehman. Später habe ich in dem Band French Quarter Fiction ihre Erzählung „Trompe l’oeil“ entdeckt und gleich übersetzt, und dann habe ich ihr geschrieben. Seit Katrina wohnt sie im historischen Teil von Donaldsonville auf dem Lande, wo ich sie inzwischen zwei Mal besucht habe, denn auch ich habe einmal ein Jahr in Donaldsonville gelebt. Dort betreibt sie ihren kleinen Ein-Frau-Verlag Margaret Media, der regelmäßig ausschließlich Louisiana-Bücher veröffentlicht: Geschichtsbücher, Belletristik, Kochbücher, Anthologien. Das letzte Buch heißt Louisiana Film History: A Comprehensive Overview Beginning 1896 von Ed und Susan Poole. Auch recht neu ist War of the Pews von dem Pastor Jerome G. LeDoux, das ich bald lesen werde.
Aber der Klassiker und der Dauerbestseller des Verlags ist Mary Gehmans kleines Buch zu den Free People of Color of New Orleans von 1994. Darin erzählt sie die so einzigartige Geschichte der freien Schwarzen von New Orleans, vor allem vor dem Verkauf Louisianas an die Amerikaner 1803, und über ihre vergleichsweise humane Behandlung, ihre weitgehenden Rechte und auch Chancen für den sozialen Aufstieg, die allerdings im Laufe der Geschichte immer wieder durch die „amerikanische“ Gesetzgebung eingeschränkt wurde. Das sind letztendlich die vielen Kreolen, die die Stadt geprägt haben, darunter die langjährigen Bürgermeister Ernest und Marc Morial. Das Buch ist ein Geniestreich, weil es mit seiner Knappheit und seinem charmanten Format in jede Touristentasche passt und anhand dieses einen Aspekts praktisch die ganze Geschichte der Stadt gleich miterzählt. Zum Bestellen hier.
Mary Gehmans eigene bewegte Geschichte begann in Pennsylvania und führt u.a. auch über ein Studium in Deutschland nach New Orleans; Spanisch und Mexiko gehören auch in ihr Portfolio. Seit 1970 lebte sie in New Orleans; seit 1981 forscht sie zu Louisiana. Nicht im akademischen Sinne, sondern als neugierig Erkundende, und als Leserin mit einer ständig wachsenden, einschlägigen Bibliothek. Mal sehen, vielleicht kommt sie im Sommer mal nach Berlin...

Freitag, 18. Januar 2013

Eine Liebeserklärung


Nach den Katastrophenberichten mit Selbstprofilierung, den anklagenden Dokumentarfilmen danach, den Fiktionalisierungen von Katrina ist jetzt die Phase der Liebeserklärungen an New Orleans und Louisiana gekommen, wie mir scheint. Eine solche ist der Film Tchoupitoulas der Gebrüder Ross, ein Dokumentarfilm in Form einer Meditation, eine Schleife aus Bildern, die assoziiert werden und in die der Film ohne rechte Dramaturgie ein- und am Ende ausblendet. Als Kinder waren die Rosses offensichtlich öfter in der Stadt und so ist auch der Film aus dem Blickwinkel dreier Brüder mit Hund gedreht, die aus Algiers am gegenüberliegenden Mississippiufer kommend das French Quarter erkunden, wobei vor allem der Kleine, William Zanders, kommentiert und scheinbar ohne Zusammenhang vor sich hin philosophiert. Sie beobachten Musiker, Striptänzerinnen, Transvestiten, Austernverkäufer, Obdachlose und Perle Noire (die schwarze Perle), eine recht kräftige Burlesktänzerin, die vage an Josephine Baker erinnert und mit ihrer Gelenkigkeit und fast völligen Nacktheit sehr beeindruckend und irgendwie auch erotisch ist.
Auf die Tchoupitoulas Street kommen die Jungen vielleicht, als sie nachts in einen Luxusdampfer einsteigen und diesen besichtigen, doch ich habe gelesen, dass der Titel des Film gewählt wurde, weil es diesen Straßennamen nur in New Orleans gibt. Ein schöner Film, der scheinbar hier nicht in den allgemeinen Verleih kommt. Hier.
Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass Amerika sich jetzt, seit Katrina, dessen bewusst wird, was es an New Orleans hat und dieses zelebriert. So auch in diesem Film. Mir gefällt das.

Samstag, 12. Januar 2013

Oskarverdächtig

Beasts of the Southern Wild ist jetzt für vier Oskars nominiert worden: für den besten Film, die beste Darstellerin, den besten Regisseur und das beste adaptierte Drehbuch. Das ist ganz beachtlich für einen Debütfilm, der mit einem Budget von 1,5 Millionen Dollar produziert wurde. Der Regisseur Benh Zeitlin, den es aus New York nach New Orleans zog, meinte dazu, dass dies hoffentlich Louisiana etwas mehr Prestige bringen wird. „Von Anfang an wollte ich dazu beitragen, eine Infrastruktur für den Film in Louisiana aufzubauen. Ich arbeite wirklich gern in Louisiana. Ich plane, den Rest meines Lebens in Louisiana zu verbringen und Filme zu machen.“ Das merkt man dem Film übrigens an und so macht er auch noch diese Unterscheidung: „Es besteht ein großer Unterschied, zwischen Filmen, die in Louisiana gedreht werden, und Filmen, die aus Louisiana stammen. Ich hoffe, der zweiten Kategorie anzugehören. Und ich hoffe mehr Leute werden auf die Leute von hier aufmerksam... Es gibt so viel Talent hier...“
Die Hauptdarstellerin Quvenzhané Wallis ist zwar jetzt schon neun Jahre alt, damit aber immer noch die jüngste Oskarnominierte. Inzwischen war sie auch im Fernsehen: in einer Serie und in der Jay Leno Show. Gemeinsam mit ihrem Filmvater Dwight Henry spielt sie auch in dem Film Twelve Years a Slave, der im Herbst 2013 herauskommen soll, in der Regie des mir noch unbekannten Steve McQueen aus England.
Auch für einen Oskar nominiert ist Tony Kushner für das beste adaptierte Drehbuch für Lincoln in der Regie von Steven Spielberg. Tony Kushner entstammt einer jüdischen Familie aus New York, wuchs aber in Lake Charles im Westen Louisianas auf. Zwar zog er zum Studium gleich nach New York, doch als Master-Student führte er in den Sommern 1978 bis 1981 auch Regie bei eigenen Stücken und Shakespeares Midsummer Night's Dream, die er mit Schülern des Talentiertenprogramms des Gouverneurs an der McNeese University in Lake Charles aufführte. Für sein Theaterstück Angels in America: A Gay Fantasia on National Themes erhielt er 1993 den Pulitzer-Preis. Noch so ein Talent aus Louisiana...
Viele der Informationen hier habe ich übrigens aus der New-Orleans-Ausgabe des Advocate aus Baton Rouge.

Freitag, 11. Januar 2013

Tchoupitoulas


Dieser Tage erreichte mich noch dieser Hinweis: 

Am Montag abend haben O. und ich (O. ist der Freund, der auch in New Orleans wohnte und die Stadt liebt, jetzt wohnt er leider in Missouri) einen halb Doku/half Spielfilm über drei junge Brüder in New Orleans gesehen -- im Babylon-Mitte (in den kleinen Studio-Räumen). Der Titel ist Tchoupitoulas (it's named after a big street in New Orleans).
Überraschend schön, nice cinematography, ein Abend in New Orleans auf den Straßen. A wandering film. Es ist Teil des "American Indie Film"-Filmfestivals im Babylon. You should see it if you get a chance! (It probably won't play many places.)
Die New York Times beschreibt den Film übrigens als „heady hybrid of documentary and dream“. Wenn Ihr mich und/oder den Film sehen wollt und es Euch im englischen Original recht ist, dann kommt am Sonntag, 13. Januar 2013 um 19.45 Uhr ins Babylon in Berlin-Mitte. 
Die Tchoupitoulas Street schwingt sich über einige Kilometer entlang der Kurve des Mississippi durch Uptown New Orleans und wird auf der Flussseite von Eisenbahnschienen, Lagergebäuden und Supermärkten gesäumt. Dann gibt es auch das Gericht Chicken Tchoupitoulas, wobei das Hähnchen scharf und mit Weißwein und Gemüsen zubereitet wird. In Coop's Place schmeckt es hervorragend, aber die Rezepte der New Orleanser Fernsehköche Paul Prudhomme und Emeril Lagasse sind sicherlich auch nicht schlecht. 
Eigentlich waren die Tchoupitoulas ein Indianerstamm in der Gegend, die allerdings ausgestorben sind. Den Namen erhielten sie wohl von den Franzosen. Vor dem geistigen Auge sieht man Indianer ja immer auf den trockenen Weiten im Wilden Westen, nicht in den Sümpfen Louisianas, und tatsächlich sind es nicht mehr sehr viele hier und vor allem in kleinen Reservaten. Bei den Mardi Gras Indians (d.h. Afroamerikanern in New Orleans mit farbenprächtigen Federkostümen, die zum Karneval tanzen und Umzüge aufführen) gibt es den „Stamm“ der Wild Tchoupitoulas. Die GEMA gestattet es uns leider nicht, deren Videos hier zu sehen. 
Na dann, vielleicht bis Sonntag. 

In der Schweiz, im Stern

Wer in diesen Tagen in der Schweiz ist, vor allem in der Nähe von Bern, könnte sich virtuell und doch sinnlich nach New Orleans begeben -- auf dem 4. Norient-Musikfestival in der Reitschule, noch bis 13. Januar 2013. 
Norient steht für Network for Local and Global Sounds and Media Culture. Auf dem Festival werden zwei Musikfilme gezeigt, Bury the Hatchet über die Mardi Gras Indians und Liquid Land Michelle Ettlin. Darin ist der Musiker Simon Berz zu sehen, der in New Orleans aus Abfall Instrumente gebaut hat und lokale Musiker einlud, darauf zu improvisieren. In der Berner Zeitung gibt es über all das einen Artikel mit dem schönen Titel „Tonspur von Afrika nach New Orleans“ und der SRF berichtet darüber mit kleinen Hörbeispielen.
Dass in New Orleans alles improvisiert ist, ist natürlich ein bisschen übertrieben, aber mir gefällt, dass hier die Stadt auch als moderne, offene Stadt begriffen wird. Musik gibt es natürlich auch, u.a. mit der Bounce-Musikerin Big Freedia, die in Bern und Zürich auftreten wird, hier rechts ihr Video „Excuse“ mit kleiner Bounce-Tanzstunde und hier mehr über die Künstlerin.
Im Stern gab es auch eine gute Nachricht aus New Orleans: Sandra Bullock erhält den People Choice Award für die Unterstützung der traditionsreichen Warren Easton-Schule auf der Canal Street, jetzt eine Charterschule. Die Abschlussquote soll jetzt bei 100% liegen.

Sonntag, 6. Januar 2013

Lower Ninth Ward -- September 2012

Hier noch ein paar Fotos des Brad-Pitt-Projekts.

















New Orleans im neuen Jahr

Seit ich mir einen Google-Alert eingerichtet habe, erfahre ich über erstaunlich viele New-Orleans-Themenveranstaltungen in deutschen Kleinstädten, gern auch Jazz und Gospel in der Weihnachtszeit, und über viele Sportergebnisse. Aber kürzlich haben einige längere Berichte auf New Orleans aufmerksam gemacht. Der Fernsehsender sixx hatte eine Sendung mit Jamie Oliver in New Orleans, die ich mir allerdings wegen der aufgedrehten Synchronisation nicht ansehen konnte. In der FAZ gab es einen Artikel von Arnold Bartetzky über das Make It Right NOLA-Projekt von Brad Pitt und die jetzige Brigitte hat auch einen kleinen Bericht mit Hochglanzfotos und Reisetipps von Till Raether. Fast könnte man meinen, es sei eine kleine Rehabilitationskampagne im Gange (Tenor: Vielleicht ist ja so eine Katastrophe manchmal gar nicht so schlecht), nachdem New Orleans ausgiebig kritisiert und totgesagt worden war. Brad Pitt, der Begründer des Projekts in der Lower Ninth Ward ist dabei zur Lichtgestalt erklärt worden, vielleicht das deutsche Architekturbüro Graft da mit drin hängt?
Tatsächlich habe ich New Orleans bei meinem letzten Besuch zwiespältig wahrgenommen. Einerseits war die rege Aktivität, das neuere, sauberere Image, die Professionalisierung, Kommerzialisierung beeindruckend und versöhnte mich fast mit ebenjenen Tendenzen hier in Berlin. Und andererseits schließt es, ebenso wie hier, immer wieder Alteingesessene aus, zerstört auch Gewachsenes, was vorher da war.
Dem Brad-Pitt-Projekt hatte ich sehr kritisch gegenüber gestanden, da es für mich auf einem Tabula-Rasa-Prinzip beruhte, nämlich davon ausging, dass man in der Lower Ninth Ward auf dem Nichts aufbauen konnte, weil viele Häuser fast völlig zerstört waren. Und so abgehoben und utopisch sehen einige der Hausentwürfe auch aus, die fast nichts von der langen und breiten Architekturtradition der Stadt berücksichtigten, außer vielleicht Begriffe wie Terrasse abhakten. Als wir aber dann vor ein paar Jahren dort vorbeifuhren, standen die ersten paar Häuser inmitten einer Freifläche und davor standen ein paar glückliche Bewohner und winkten uns zu und das ganze Projekt mit seiner Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit beeindruckte uns vor allem auch im Vergleich zu den eng gedrängten Holzhäusern im Musician's Village, das die christliche Freiwilligenorganisation Habitat for Humanity erbaut hat.
Dieses Mal standen noch mehr verrückte, bunte Häuser in diesem Nichts und als wir so mit touristischem Blick langsam vorbeifuhren, kam hinter uns eine junge Frau wild hupend angefahren und brauste wütend und mit absurd überhöhter Geschwindigkeit an uns vorbei -- road rage inmitten der Pampa. Meine Begleiterin meinte, sie hätte auch gern so ein Haus, denn die Leute hätten ausgesorgt. All das klingt dann wieder nicht ganz so nachhaltig für mich, und die Nachbarn, Schulen, Läden, Apotheken und was man so braucht, kann auch Brad Pitt nicht herbeizaubern.
Sollte er vielleicht auch nicht, denn die Lower Ninth Ward ist an zwei Seiten von Wasser umgeben und eines der verwundbarsten Viertel der Stadt; deshalb wurde sie auch als eines der letzten Viertel besiedelt... Andere Viertel wie Treme sind lebendig und bunt und gentrifiziert geworden. Im Faubourg Marigny hatte diese Entwicklung schon vor ca. 10 Jahren begonnen, nicht erst nach Katrina, wie der Brigitte-Autor schreibt.
All dies lässt mich auch an Berlin denken, um dessen Zukunft (und noch mehr: um dessen Seele) ich im wild entfesselten Kapitalismus bange. So vieles hat Berlin schon überlebt: den Krieg, dessen Wunden zumindest im Osten noch bis vor Kurzem sichtbar waren, die Teilung, die Wiedervereinigung... Also wird es wohl auch das Schloss und die ausländischen Immobilienhaie überleben? Und New Orleans überlebt sowieso, wenn auch immer anders.
Allerdings: Mit den Jahren ist das Restaurant Coop's Place (mit den besten Creole Green Beans) ohnehin immer touristischer geworden, aber jetzt, wo es selbst in der Brigitte erwähnt wird, kann man da wohl wirklich nicht mehr hingehen...

Freitag, 4. Januar 2013

Mardi Gras in der Straßenbahn

Kaum sind die Jahresendfestivitäten vorbei, beginnt in New Orleans schon die schönste Festsaison, der Karneval, der dieses Jahr nur bis 12. Februar dauert. Los geht es in der 12. Nacht, also am Dreikönigstag, 6. Januar, mit zwei Umzügen, der Krewe de Jeanne d'Arc, die seit einigen Jahren am Geburtstag derselben mit mittelalterlichen Kostümen und Zubehör der Schutzpatronin der Stadt gedenkt. Ein anderer Verein sind die Phunny Phorty Phellows (Funny Forty Fellows -- Lustige vierzig Typen), die seit den 1980er Jahren ihren Umzug in der Straßenbahn auf der Canal Street vollführen. Das nenne ich nachhaltig und umweltfreundlich!. Ihre Leib- und Magenband sind die Storyville Stompers. Hier ein Video und mehr Details
Als ich im September in New Orleans war, habe ich für meinen Freund Tino Kotte vom Verkehrsclub Deutschland ein paar Fotos zur Verkehrssituation gemacht.
Hier die neuen Straßenbahnen, die seit ein paar Jahren wieder auf der Canal Street fahren.
Ein Exemplar der alten Straßenbahn, die auf der St. Charles Avenue fahren. Hier nahe der Endstation auf der Carrollton Street mit kleiner Statue einer Straßenbahn daneben. Diese gibt es auch erst seit ein paar Jahren, aber ich finde diese Miniaturen herzallerliebst.

Fotografiert habe ich auch diese sharrows (zusammengesetzt aus share + arrow, teilen + Pfeil), die seit ein paar Jahren in Louisiana eingeführt wurden, damit Autofahrer darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie die Straße mit den Radfahrern teilen müssen. Mir gefällt der Gedanke sehr, Tino Kotte war skeptisch, dass das funktioniert. Ich habe mehr Radfahrer gesehen als sonst ohnehin schon, auch auf den Straßen mit sharrow. Hier Magazine Street im Warehouse District.

Auf der Carrollton St. habe ich auch diesen Mann mit Rollstuhl auf dem Fahrradstreifen gesehen. Nun hat ja New Orleans im Gegensatz zu anderen amerikanischen Städten fast durchgehend Bürgersteige, aber oft sind sie schmal, und der Beton ist durch die alten Bäume und möglicherweise auch Überschwemmungen aufgebrochen und sehr unwegsam.
An der Carrollton St. /Ecke S. Claiborne habe ich diesen Bus gesehen und wie der junge Mann sein Fahrrad in den Ständer vorn eingehängt hat und dann eingestiegen ist. Ich war begeistert und mir gefiel auch, dass so ein Bus nicht immer ganz nagelneu sein muss. Tino Kotte war wieder skeptisch und meinte, das widerspräche dem Prinzip des Öffentlichen Nahverkehrs, denn am besten sollte er die ganze Strecke mit dem Fahrrad fahren und nicht sein Fahrrad transportieren lassen. Andererseits weiß ich auch, dass die Busse im allgemeinen nicht sehr zuverlässig und oft auch keine Fahrpläne ausgehängt sind. Als ganz früher auf der Canal St. noch Busse statt Straßenbahnen fuhren, kamen die allerdings ziemlich oft.