Dienstag, 22. Januar 2013

Aktuelles


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Letzten Freitag ist Ex-Bürgermeister Ray Nagin der Korruption angeklagt worden. Als er 2002 ins Amt gewählt wurde, war er ein großer Hoffnungsträger gewesen: relativ jung, elegant, gut aussehend, und als einer der erfolgreichen Manager der Kabelfirma Cox Communications – so hoffte man – unbelastet von den Verstrickungen und Mauscheleien der politischen Kaste in New Orleans. Eine Art Lichtgestalt. Während der Katrina-Katastrophe war auch er heillos überfordert, machte jedoch auf sich aufmerksam, als er in einem Interview am 3. September 2005 die Bush-Regierung für ihre Tatenlosigkeit beschimpfte. Auch mit seiner Erklärung im Januar 2006, dass New Orleans wieder „chocolate“ werden würde, machte er Schlagzeilen. Obwohl man in New Orleans sagte, dass Katrina ihn „gebrochen“ hätte, wurde er 2006 für eine zweite Amtszeit gewählt.
Nach Katrina war immer vom Ausverkauf der Afroamerikaner die Rede. Spätestens diese Anklage deutet darauf hin, dass Nagin und andere Stadtväter, zumeist selbst Afroamerikaner, an diesem Ausverkauf Teil hatten. (Zu sehen übrigens auch in der Fernsehserie Treme.) Ein Bundesgericht klagt ihn jetzt für die Annahme von Bestechungsgeldern, für Geldwäsche und viele andere Sachverhalte an, was auch der deutschsprachigen Presse fast überall eine kleine Meldung wert ist. Die Times-Picayune hat einige dieser Transaktionen analysiert. Seit 2010 lebt Nagin übrigens in der Umgebung von Dallas.

2
Übernächstes Wochenende (am 3. Februar 2013) findet das Football-Abschlussspiel der Saison 2012, der so genannte Super Bowl, in New Orleans statt. Die Baltimore Ravens spielen gegen die San Francisco 49ers, im Superdome, der während Katrina tagelang als Zuflucht für Tausende Betroffene diente und seit der Renovierung nach einer großen deutschen Automobilfirma benannt ist. Die Stadt bereitet sich seit Längerem auf den Tag vor und hofft vermutlich, dass dies ein weiterer Schritt zur Rehabilitierung ihres Rufs als Touristenattraktion ist und ihr einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, was sich möglicherweise schon ein wenig abzeichnet. Der Flughafen wurde ausgebaut und die Straßen in der Umgebung erweitert und repariert, so dass man dort nur auf Einbahnstraßen im Kreis fahren konnte. Der größte Einschnitt: Die Termine für zahlreiche Mardi-Gras-Paraden mussten verschoben werden, da die Karnevalssaison auf Hochtouren läuft, noch bis zum 12. Februar. Dies betraf zum Beispiel die Krewe de Vieux (zu Fuß, durchs French Quarter), die schon letztes Wochenende umzog.
Alicia Keys wird die Nationalhymne singen; Beyoncé tritt in der Halbzeitpause auf.

3
2012 berichtete die Times-Picayune in der achtteiligen Reportageserie „Louisiana Incarcerated*“ (Louisiana eingesperrt) ausführlich über das korrupte Gefängnissystem Louisianas, in dem mehr Menschen als im Rest der Welt hinter Gittern leben. Am 4. Februar 2013 wird diese Serie mit dem John Jay HF Guggenheim Prize for Excellence in Criminal Justice Reporting 2012-2013 (also für Berichterstattung über das Strafrechtssystem) ausgezeichnet. Allerdings hat sich die Times-Picayune inzwischen auf Digital verlegt und bringt nur noch drei Druckausgaben wöchentlich heraus. Im Zuge dieser Umstruktierung wurden zahlreiche Reporter entlassen, darunter 9 der 20 an der Serie beteiligten Journalisten. Eine davon, Cindy Chang, arbeitet jetzt bei der Los Angeles Times. Das Preisgeld, meinte sie, wird dem DashThirtyDash-Fond gespendet, der entlassene Times-Picayune-Reporter unterstützt. Diese Nachricht habe ich aus dem Gambit und nicht aus der T-P.
* Zwar habe ich letztes Jahr hier über die Serie berichtet, aber erst jetzt ist mir der klevere Titel aufgefallen: Louisiana Incarcerated, wobei „Inc.“ in etwa „GmbH“ bedeutet.


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