Es ist nicht mehr zu übersehen: winzige Kälbchen und Fohlen auf den Weiden, Schneeglöckchen und Krokusse hinterm Haus. Und ein flirrendes zartes Netz aus Vogelgezwitscher liegt in der Luft. Aber als noch nichts darauf hinzudeuten schien und es morgens noch grau und gefroren war, da gab es erst einmal nur eine Farbe: das Gelbgrün an den Stämmen der Eschenahorne. Bei näherer Betrachtung ist es ein trockener Bewuchs, kein Moos, eher wie eine Rinde aus tausenden grünen Blütchen.
Der Eschenahorn, dieser Eindringling aus den USA, war mal wieder der erste!
Auch in Louisiana sind die fremdländischen Invasoren, die sich wegen fehlender Feinde ungehindert ausbreiten können, immer die ersten. Der eine ist Chinese Privet, Chinesischer Liguster, der Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde und die Strauchlandschaft dominiert, einheimische Pflanzen erstickt und die gesamte Pflanzengemeinschaft verändert. Ähnlich sieht es mit dem Chinese Tallow aus, Chinesischer Talgbaum, der u.a. zur Herstellung von Biodiesel dient. Es hält sich immer noch das Gerücht, dass Benjamin Franklin die Pflanze in den Süden der USA eingeführt hat.
Tja, und dann wäre da noch Kudzu aus Japan, dem der National Geographic letztens ein kleines Artikelchen gewidmet hat. Kudzu ist auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, es soll beim Raucherentzug helfen und bei Wechseljahrbeschwerden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung schreibt: „Es liegen keine Berichte über schädliche Wirkungen des Wurzelpulvers usw. vor.“ Na, wenigstens das.
Kudzu wächst sehr dekorativ, denn es legt sich wie ein romantischer grüner Schleier über alles und verbreitet sich rasant über den gesamten amerikanischen Süden, wie ich selbst im Laufe der Jahre beobachtet habe. Kudzu ist ein bisschen wie der leidenschaftliche Beau: Man könnte es für unendliche Liebe halten, aber eigentlich geht es um Kontrolle; er drückt einem die Luft zum Atmen ab und duldet niemand anderes im Leben der Geliebten. Kudzu hat Wurzeln, die sich bis zu dreieinhalb Meter in den Boden graben und ursprünglich gegen Bodenerosion helfen sollten. Unter dem dichten, schweren Vorhang stirbt alles andere ab und selbst Telefonleitungen zerreißen. Da nützt es auch nichts, dass die Pflanze schön duftet und hübsche Blüten hat. Man experimentiert mit Pilzen, auch Schafe und Ziegen sollen gut sein. Aber eine wirkliche Lösung ist noch nicht in Sicht.
Hier ein Foto aus dem Internet von Galen Parks Smith:
Vielleicht noch zwei Frühlingszeichen:
Der Frühling zwischen Kuba und den USA begann im Dezember mit raschen, aber vorsichtigen Annäherungen. Am Sonnabend, 14. März 2015, fand jetzt seit 1958 der erste Direktflug von New Orleans nach Havanna statt, die beide historisch nicht nur ihre quasi-karibischer Charakter verbindet, sondern auch die gemeinsame koloniale Geschichte unter den Spaniern. Es war vorerst nur ein Charterflug für 80 Geschäftsreisende und zivile Aktivisten, die an einer Cuba Hoy-Konferenz (Kuba heute) teilnehmen wollten. Hier. Ich nehme an, dass es auch einen Rückflug geben wird.
Und: Letzte Woche war die sehr komische Radio-Quizsendung Wait Wait Don’t Tell Me zu Gast im Saenger Theatre in New Orleans, und das war etwas ganz Besonderes. Der Moderator Peter Sagal begann zwar mit einem etwas abgegriffenen Witz, aber eigentlich war alles sehr warmherzig und fröhlich, richtig New Orleans eben, und als dann noch der junge, wirklich begnadete Posaunist Trombone Shorty (*Troy Andrews) bei Not My Job lauter abwegige Instrumente raten sollte (Der Mann ist Musiker! Kein Wortmensch, aber er erzählte von seinen Anfängen als 5-Jähriger mit Band im French Quarter...), da wurde er nach der ersten falschen Antwort von einer riesigen Welle aus Vorsagen und Applaus und Liebe durch den Rest der schwierigen Übung getragen. Der Moderator meinte: „They really love you here.“ They do! Und ich wäre so gern dabei gewesen.

Posts mit dem Label Umwelt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Umwelt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Mittwoch, 18. März 2015
Sonntag, 28. Dezember 2014
Louisianas Untergang?
Als Kind habe ich mich immer gewundert, dass Amerika im
Wilden Westen liegen sollte – auf meinem Globus lag es ganz weit im Osten,
noch hinter der Sowjetunion. Auch das mit der Stiefelform Italiens leuchtete
mir lange nicht ein, aber als ich jetzt gelesen habe, dass Louisiana wie ein
Stiefel aussehen soll, war mir das gleich ganz klar – eher ein Eskimostiefel
als einer von Prada.
Allerdings sieht es jetzt gar nicht mehr so aus. Laut einem
Bericht im Business Insider hat der Bundesstaat zwischen 1932 bis 2000 eine
Fläche von knapp 5000 Quadratkilometern verloren, fast die gesamte Fläche des
Staates Delaware. Jede Stunde versinkt eine Fläche in Größe eines
Football-Felds im Wasser, etwa ein halber Hektar, also etwas weniger als ein
Fußballplatz, wie ich hier vielleicht irrtümlicherweise mal angegeben habe.
Damit erodiert die Küste Louisianas schneller als alle anderen Küsten des
Planeten, so der Journalist Bob Marshall.
Die Tat- und Ursachen sind bekannt: die industrielle Nutzung
und Begradigung des Mississippi, die Zerstörung der Süßwassermarschen durch
Ölexplorationsfahrten, die Ölindustrie generell, das Wetter und der
Klimawandel. Getan wird fast nichts.
Das bedeutet: Der Stiefel hat schon lange seine Sohle
verloren und ist unten völlig ausgefranst und dort, wo das Vorderteil mit dem
Schaft verbunden ist, klafft ein immer breiter werdender Riss (u.a. das
Atchafalaya Basin). So würde eine aktuelle, genauere Karte Louisianas aussehen,
auf der die nicht betretbaren Flächen als solche verzeichnet sind, aber
offiziell gibt es diese Karte nicht, denn dann hätte das eine politische
Dimension. Also sinkt Südlouisiana weiter.
Spätestens Hurrikan Katrina und die BP-Ölpest ließen auch
die Künstlerin Dawn DeDeaux aus New Orleans an den Untergang denken. Stephen
Hawkings Ausspruch, dass wir nur noch 100 Jahre hätten, nicht um die Erde zu
retten, sondern um sie verlassen, ist das Motto ihrer Installation MotherShip,
die sie für die aktuell laufende Biennale Prospect New Orleans P3+ schuf. Kurioserweise
musste eine Veranstaltung am 19. Dezember wegen Dauerregens verlegt werden.
Interessant ist auch der Art Shack der Künstlerin, ein Shotgun-Haus, bei dem
die Spuren von Katrina bewusst sichtbar sind (Wände, die nur noch aus
Holzstreben bestehen, verbranntes Holz usw.). Hier.
Auch politische Geschehnisse könnten Untergangsstimmung heraufbeschwören. Nach drei Legislaturperioden wurde Mary Landrieu, die Tochter des
früheren und Schwester des jetzigen Bürgermeisters von New Orleans, als
demokratische Senatorin nicht wiedergewählt. Ihren Platz nimmt jetzt einer von
diesen grauhaarigen, geschniegelten Republikanern mit viereckigem Kopf und
vielen Kindern ein, der natürlich von der National Rifle Association, der
Waffenlobby, unterstützt wird. In diesem Fall heißt er Bill Cassidy und stammt
ursprünglich aus einem Vorort von Chicago. Auch um Mary Landrieu hatte es
übrigens Kontroversen gegeben, aber sie war eben doch einer der demokratischen
Pfeiler aus einem bis in die siebziger Jahre durchgehend von demokratischen
Gouverneuren (danach immer wieder wechselnd) regierten Bundesstaat.
Auch nicht schön: Der republikanische und sehr konservative
derzeitige Gouverneur Bobby (Piyush) Jindal ruft im Januar 2015 zu einem
Gebetsmeeting mit Unterstützung der American Family Foundation auf, das
ausgerechnet auf dem Campus der Louisiana State University, der Flagship
University des Bundesstaates, stattfinden soll (hier). Erwähnt sei auch, dass sich der
Gouverneur bis zuletzt gegen die Gesundheitsreform gesperrt hat und sich für
die Lehre des Kreationismus an den Schulen einsetzt, mit der NRA auf du und du
steht, gegen Abtreibung und gegen die Homo-Ehe ist usw. Er wird als einer der
möglichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten gehandelt.
Aber vermutlich wird Louisiana auch das irgendwie überleben.
Freitag, 9. August 2013
Rerun: The hole in the ozone layer
Sunday, 26 August
2012
A few years ago, when the
discussion about the climate crisis and the hole in the ozone layer was still
raging, we were assured that the state of Brandenburg in northern Germany would
turn into a steppe and that Brandenburg—and thus Berlin as well—would enjoy a
Mediterranean climate. So far that hasn’t really happened; if anything, summers
have become cooler.
The USA on the
other hand has been scorched by one heat wave after another. Like our showery
April-style summers here in Germany, the high temperatures in the USA seem to
be a direct result of climate change.
The fact that
spring is coming earlier each year also appears to be behind the fires raging
in the USA, mainly in the west. Recently there have been fires in Arizona and
Colorado; now they are mainly in northern California and Idaho. So far this
year, 1,423 forest fires have destroyed over 12,065 square miles. You can find
out more on the website of the US Department of Agriculture’s Forest Service.
Another
problem attributed to mild winters and early springs is the West Nile Virus,
which is occurring more frequently in Louisiana and other states. 1,118 people
have already been infected this year (suffering from meningitis, encephalitis
etc.) and a total of 41 have died. 75% of the cases occurred in 5 states:
Texas, Mississippi, Louisiana, South Dakota and Oklahoma—almost half of them in
Texas. 6 people have died in Louisiana so far. A few weeks ago, aerial spraying
of pesticides against mosquitoes in Dallas caused some controversy.
This reminds
me of the little trucks which used to drive through my tree-lined quarter in
Baton Rouge each spring and summer, spraying death to the insects. It probably
wasn’t very healthy, but it was certainly effective. The Center for Disease
Control recommends various products designed to deter mosquitoes, of which DEET
was the only product I could find among those tested and approved by the German
consumer’s association Stiftung Warentest—and even that carries
health risks. So the best advice is to stay indoors, wear long sleeves, and get
rid of standing water and other places where mosquitoes breed.
Global warming
also means that Mississippi water levels are lower than ever before, so that it
is no longer navigable further north, not far from Greenville, Mississippi. By
the middle of the month, 97 ships were stranded there after a barge went
aground (see here). But when Mississippi water levels are so low and less water
is flowing into the Gulf of Mexico, salt water flows back from the Gulf into
the river, whose lower reaches are below sea level, by up to one mile a day.
This usually happens once every 8-10 years, but it now seems to be occurring
more frequently, partly because the navigational channel further north is being
dug deeper all the time to enable bigger ships to pass. This impacts the
drinking water supply, alongside other negative effects.
Plaquemines
Parish lies right on the Gulf and has been directly affected by various
hurricanes (Katrina, Rita and Gustav, among others) as well as the disastrous
oil spill; it now buys drinking water from New Orleans as well as purchasing
some further north which is carried down in barges. Now New Orleans itself is
also threatened (see here).
What’s more,
Hurricane Isaac has now crossed Cuba and Haiti and is on its way to south
Florida and the Keys (including Key West), before carrying on towards the Gulf
coast (see here). Current evacuation routes for New Orleans have already been
determined. So in fact I should be pleased, sitting here at my desk in the
middle of August, wrapped up in a woolly jumper and thick socks—at least I can
relax and work without being threatened by any natural disasters.
Translated by Bridget Schäfer
Mittwoch, 12. Juni 2013
Rerun: Dear Universe
This is an entry I wrote on a sunny, louvered porch in Donaldsonville, Louisiana, last fall.
Tuesday, 18
September 2012
Dear Universe,
You’re probably wondering
why my ecological footprint has exploded over the past two weeks, why I’m
trampling the environment with gigantic shoes. The answer is simple: I’m in the
USA. And because I’m just visiting, I can’t arrange things the way I’d like
them.
First, the
transportation: airplanes brought me and my baggage here, more than 8,200
kilometers (some 5,100 miles), and hopefully they’ll bring me back the more than 8,500 kilometers
(some 5,300 miles) in one piece. In the process, they release incredible amounts of emissions
directly into the vulnerable sky. Fortunately I do this very rarely, and the
next time I get paid, I’ll make a donation and ask for atonement.
Then I’ve got
a little rental car, which I don’t use every day, since I’m spending time
staying with lots of nice people, but it is covering a considerable distance
(around 1,000 miles so far). Unfortunately this is essential, because otherwise
I’d be dependent on other people chauffeuring me around to an extent that
perhaps famous writers could reckon with. And while I’m here I can’t be so
strict about my vegetarian diet, and so the airplanes will have a heavier load
to take back, and countless animals, above all cows, will have died for my
sake, of course not without previously releasing large quantities of methane
into the atmosphere. (Forgoing meat and milk products, I recently heard in an
episode of Freakonomics on NPR, here, is the surest way to eat an environmentally
friendly diet. Unfortunately, this show doesn’t run on NPR Berlin.)
And then the
trash: all the disposable cups and silverware and packaging used on the flight
alone, even though it supposedly gets recycled! Here all the coffee shops serve
everything with paper cups, plates and bags, and when I ask for tap water, I’m
given it in a thin, transparent cup that tastes obnoxiously of plastic the very
second time you use it. At least I do without the straws now.
Then there’s
the air conditioning, always running and usually much too cold for me. At a
reading in the Baton Rouge Gallery on Sunday it was set at 71° Fahrenheit, when
it was about 96° outside! Now I’m sitting completely un-air conditioned on a
screened-in veranda, and after just a few days in Louisiana I feel that I have
a sort of fresh glow. Not because of the air conditioning, but despite it…
I
admit that there’s also a certain clandestine attraction to living as
carelessly and excessively as most Americans. But in just a week, dear
Universe, I’ll be good again, saving and recycling, riding my bike, walking,
running to the train and riding it and letting countless animals live. See you
then!
Translated by Isabel Cole
Abonnieren
Posts (Atom)