Sonntag, 3. August 2014

Coonass


Politisch korrekte oder inklusive Sprache ist etwas in Misskredit geraten, vor allem bei sich für besonders unangepasst haltenden Kritikern, die sich an bestimmten Ausartungen festbeißen. Ich persönlich bin ein großer Fan davon, mit oder über Leute(n) so zu sprechen, wie sie es gern möchten und dass sie sich respektiert fühlen. Deshalb gibt es für meine Studentinnen auch immer eine Seminarsitzung zu dem Thema, und die Geschichte vom Vater und seinem Sohn und ihrem Unfall zeigt, dass sich seit 1992, als ich sie kennengelernt habe, nicht viel geändert hat.
Auf dem Arbeitsblatt zu meinem Seminar heißt eine Frage: “When is it okay to use the N-Word” in English or a word like “Tunte” in German?” Die richtige Antwort heißt natürlich nie, es sei denn, man ist selbst schwarz oder schwul. Ein Wort könnte ich noch hinzufügen: Coonass als Bezeichnung für Cajun.
Cajuns heißen die Nachfahren französischer Einwanderer, die im 18. Jahrhundert von den Engländern aus Nova Scotia in Kanada vertrieben wurden und vorwiegend auf dem Land leben. Aus verschiedenen Gründen sprechen sie heute im Alltag kaum noch ihr archaisches Französisch, aber sie haben sich eine reiche und lebendige Kultur bewahrt. Und auch wenn sie sich im 20. Jahrhundert vielleicht manchmal dafür geschämt haben und es für ihr Französisch, das ja kein “richtiges” Französisch ist, immer noch tun, so sind sie heute auch stolz. 
Für “Coonass” gibt es verschiedene Herkunftserklärungen: eine führt es auf das moderne französische Wort „connasse“ zurück, das im 2. Weltkrieg von den Franzosen für alliierte Cajuns verwendet worden sei. Ich halte das schon deshalb für abwegig, weil es eine abwertende Bezeichnung für eine Frau ist und deshalb ganz sicher nicht für Soldaten verwendet wurde und weil das Französische wie auch das Deutsche niemals eine grammatisch eindeutig weibliche Form für einen Mann verwenden würde. Andere assoziieren es mit dem coon von raccoon (Waschbär), was eine sehr abwertende Bezeichnung für einen Afroamerikaner ist, und der „ass“ wäre dann dessen Hinterteil.
Egal, woher es kommt, man sollte es vielleicht kennen, um Postkarten oder T-Shirts wie „You know you’re a coonass when...“ zu verstehen, aber verwenden sollte man es nicht. Das wurde jetzt einem Abgeordneten in Texas ziemlich unmissverständlich auch von Mit-Republikanern klar gemacht. Dennis Bonnen hatte den Begriff in einer Anhörung zum Umgang mit den vielen unbegleiteten Einwandererkindern für Kinder aus Louisiana verwendet, die nach Hurrikan Katrina nach Texas kamen und dort in die Schulen integriert werden mussten. Besonders auf Kinder angewendet, stießen sich viele an dem Wort und warfen ihm u.a. vor, dass er keine Vorstellung von „Inklusion“ habe (hier und hier). Eine Umfrage auf nola.com (der Webseite der New Orleans Times-Picayune) hat wiederum gezeigt, dass einige das Wort mit Stolz für sich verwenden (hier).
Für Shane Bernard, der Autor von The Cajuns: Americanization of a People zeichnet sich je nach Klassenzugehörigkeit eine unterschiedliche Haltung zu dem Wort ab, wo die mittleren und oberen Schichten es strikt ablehnen, während die Arbeiterklasse damit stolz auf die ethnische Herkunft verweist. Aber für uns Ausländer, die vermutlich nicht von Cajuns abstammen, wäre es (politisch) korrekt und auf der sicheren Seite, das Wort nicht zu verwenden (hier). Warum also nicht einfach Cajun?

Freitag, 1. August 2014

Saurierlandschaft

Wenn ich an Louisiana denke, dann denke ich zuerst an das warme, weiche Licht, das ich auch in Filmen und auf Fotos gleich wieder erkenne. So ein Licht gibt es hier nicht. Und dann ist es dort immer grün oder eben Betonlandschaft, aber Herbstlaub zum Beispiel gibt es nicht.
Jetzt übersetze ich gerade einen kurzen Text über neue Dinosaurierskelettfunde und wie man daraus mit Computerverfahren ein 3-D-Modell des Tiers erzeugen kann. Dazu habe ich mir einen Artikel im Maiheft des National Geographic herangezogen, Kontinent der Dinos, in dem es um amerikanische Dinosaurier geht. Auf einer Seite sind ganz verschiedene Saurier abgebildet, mit abenteuerlichen Alien-Kopfformen: Parasaurolophus, Kosmoceratops usw. Als Titel steht dort: Schwül, sumpfig und Saurier hinter jedem Busch und in der Bildunterschrift heißt es: "Die Landschaft glich vermutlich den heutigen subtropischen Sümpfen Louisianas."
Tatsächlich sind moosbewachsene Bäume und flaches Wasser und sogar ein paar Alligatoren zu sehen, die ja vorsintflutliche Überlebende sein sollen, und es stimmt, die Natur in Louisiana ist trügerisch verwunschen und birgt allerlei Gefahren (Alligatoren, Giftschlangen, Giftefeu (poison ivy), Feuerameisen, West Nile Virus, Mücken usw.). Saurier gibt es nicht mehr. Und das fahle, kühle Licht in der Illustration ist nicht das louisianische Licht.