Dienstag, 23. August 2011

NOPD

Diese Abkürzung steht für New Orleans Police Department oder im Volksmund auch für „Not Our Problem, Dude“ (Nicht unser Problem, Alter). New Orleans und Louisiana sind ja generell für Korruption und Filz berüchtigt, doch um die New Orleanser Polizei steht es am schlimmsten. Anfang der 2000er Jahre bis 2004 kam eine Untersuchungskommission des US-Justizministeriums in die Stadt um aufzuräumen, denn in den neunziger Jahren haben Polizisten in New Orleans gemordet, bestochen, gekidnappt, Brände gelegt, vergewaltigt, mit Drogen gehandelt, in der Mittagspause Banken überfallen. New Orleans hat regelmäßig die höchste Mordrate des Landes, so auch 2010. Zustände also wie in dem Film The Big Easy von 1987, mit dem sehenswerten Dennis Quaid. 
Nach dem Hurrikan Katrina 2005 kam es zum allgemeinen Chaos und Zusammenbruch der Zivilisation in der Stadt, manche würden sagen Anarchie. Niemand, auch die Polizei nicht, wusste was geschieht und wer die Verantwortung hat; es gab keinerlei Anweisungen oder Unterstützung von oben.
In einem Dokumentarfilm über Katrina hört man einen Anruf an die Notrufnummer 911, wo eine Frau verzweifelt berichtet, wie das Wasser immer höher steigt und dass sie ertrinken würde. Die Stimme am anderen Ende der Leitung wiederholte, nicht abgebrüht, aber doch neutral ruhig immer wieder: „Es tut mir Leid, aber es kann niemand kommen.“
Sicherlich haben in den Tagen gleich nach Katrina auch viele Polizisten versucht, Menschen zu helfen. Einige (ca. 200) sind allerdings desertiert und andere, um die 400-500, erschienen einfach nicht zum Dienst, wohl auf der Suche nach Familienmitgliedern oder um ihr Haus abzusichern. Mindestens zwei Polizisten begingen in der Zeit Selbstmord.
Und dann gab es Polizeikräfte, die laut Berichten eine Wir-gegen-die-Anderen-Haltung einnahmen (wie übrigens auch die später eingesetzten National Guard-Truppen, eine Art Kampfgruppen aus anderen Bundesstaaten) und unglaublich brutal und offensiv vorgingen, sicherlich auch angestachelt von den Medienberichten über Plünderungen, Morde, Vergewaltigungen.
Einer der berüchtigsten Fälle geschah am 4. September 2005 auf der Danziger Bridge in East New Orleans, einer riesigen Hubbrücke über den Industrial Canal. Zwei Gruppen von Männern, alles Afroamerikaner, waren zu Fuß auf der Brücke unterwegs. Eine Einheit des NOPD kreuzte auf, die über Funk gehört hatten, dass dort auf einen Kollegen geschossen worden sei. In der folgenden Schießerei auf die unbewaffneten Männer gab es zwei Tote und vier Schwerverletzte. Einer der Toten James Brissette war 17 Jahre alt; dem anderen, Ronald Madison, 40, geistig behindert, wurde in den Rücken geschossen und im Sterben auf ihm herumgetrampelt. In der nachfolgenden Untersuchung wurde vertuscht, gemauschelt und gelogen, und ein erster Prozess blieb erfolglos.
2008 übernahmen das FBI und das US-Justizministerium die Untersuchung; 2010 lud Bürgermeister Mitch Landrieu die beiden Behörden wieder zu einem Reformversuch in die Stadt. Am 5. August 2011 wurden fünf Polizisten für schuldig erklärt, weitere als in die Vertuschung verwickelt; das Strafmaß wird im Dezember bekannt gegeben. Laut National Public Radio wurde der Anklagevertreterin von der Abteilung Bürgerrechte des Justizministeriums, Barbara Bernstein, dafür auf der Straße gratuliert. 
Filme wie Bad Lieutenant—Port of Call New Orleans mit Nicholas Cage und die Fernsehserie Treme befassen sich auch mit der Polizeigewalt in den Tagen nach dem Hurrikan. Auf der Webseite des NOPD stehen jetzt in leuchtenden Farben aufrechte Polizisten stramm, und die Überschriften berichten von neuen Einstellungsstandards, einer neuen Führung und „einem neuen Tag“ im NOPD. Deren Zentrale befindet sich übrigens mitten im French Quarter in einem eleganten, historischen, quadratischen weißen Gebäude, das auch in „Treme“, wo man sich u.a. auch mit dem Danziger-Bridge-Fall befasste, schön zur Geltung kommt. 

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