Sonntag, 5. August 2012

V/Hoodoo

Ich habe hier noch nicht darüber geschrieben, weil ich nicht genug weiß. Vor langer langer Zeit, als Touristin, war ich im Voodoomuseum im French Quarter. Ich weiß von der sagenhaften Voodoopriesterin Marie Laveau (ca. 1794-1881), die der Legende nach zum letzten Mal gesehen wurde, als sie mit ihrem Haus im Auge eines Hurrikans über den Pontchartrain-See hinweg flog. Ich habe Geschichten mit Voodoo-Riten gelesen, vielleicht bei George Washington Cable? Natürlich habe ich Krimis gesehen, in denen mit Hühnerbeinen und mit Nadeln gespickten Puppen im French Quarter herumgespukt wurde. Und aus einem Interview mit der Autorin Brenda Marie Osbey weiß ich, dass es in New Orleans nicht Voodoo sondern Hoodoo heißt und nicht irgendein Kult sondern eine eigene Form der Religion ist.
Mehr Aufschluss hatte ich mir erhofft aus dem Dokumentarfilm, den ich gestern Abend gesehen habe, The United States of Hoodoo, von dem deutschen Regisseur Oliver Hardt und dem Amerikaner Darius James sozusagen als MC. Wie der Titel schon andeutet, geht der Film davon aus, dass es in den USA eine unterschwellige, einende Spiritualität gibt, die auf afrikanischen Traditionen beruht. Um dies zu untersuchen, werden verschiedene Schauplätze bereist, New York, Kalifornien, Mississippi und zu einem beträchtlichen Teil auch New Orleans. Sehr oft halten wir uns aber auch in dem rumpligen Haus in Neuengland auf, das Darius James von seinem verstorbenen Vater geerbt hat und das voller afrikanischer Masken hängt. Und das ist ein bisschen das Problem des Films: Er zeigt zwar viele interessante Dinge, wie eine afrikanische Grabstätte mitten im Wallstreetviertel in New York, aber er tut das alles über die nicht besonders aufregende spirituelle Suche von Darius James, die ihn zu verschiedenen Freunden und Bekannten führt, die mit ihm über den Musiker Robert Johnson, die Sklaverei und Gumbo-Rezepte reden. Ein Film also, der nicht fundiert und seriös informiert und dessen persönlicher Hintergrund keine spannende Pointe oder Auflösung findet, konzeptuell, inhaltlich nicht überzeugend.
Sehenswert ist er aber schon allein wegen des weichen, warmen Südstaatenlichts, das ich in den Bildern aus dem Mississippidelta wieder erkannt habe und dann erst recht in den grünen Gassen im Bywater-Viertel in New Orleans. Aber auch wegen der Eindrücke von New Orleans (Häuser, Paraden, Beerdigung, Friedhof, Sehenswürdigkeiten), wegen der Bilder von einer Voodoozeremonie und wegen der interessanten Menschen, denen wir auf diese Weise begegnen, darunter auch dem Musiker Hassan Sekou Allen (ursprünglich aus Los Angeles), der, wie die Musiker es so machen, den Rhythmus von New Orleans vorklatscht. Ob die Voodoopriesterin Sallie Ann Glassman in der in New Orleans gewachsenen Tradition steht, bezweifle ich ein wenig, denn sie stammt aus Neuengland und hat ihre Ausbildung in Haiti erfahren.
Das wirklich interessante Thema ist also ein bisschen verschenkt worden und hätte mehr Tiefe verdient. Mein stets sehr kritischen Begleiter bemängelte vor allem die Selbstdarstellung des Erzählers und so sind wir auch nicht zu dem angekündigten Gespräch geblieben. Gesehen haben wir den Film in dem spirituell ausgerichteten Kino & Café am Ufer im Wedding. Ab morgen läuft er in Berlin nur noch im Eiszeit-Kino (19.15 Uhr), sicher auch in vielen anderen Städten, und da er u.a. von ZDF und Arte gefördert wurde, ist er vielleicht auch irgendwann im Fernsehen zu sehen. In dieser Rezension im Spiegel ergeben die verschiedenen Fäden eine logischere Verknüpfung, als es mir gelingen wollte.

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