Donnerstag, 3. Oktober 2013

David Bowie und New Orleans


Der Londoner Independent hat gestern eine Liste von David Bowies hundert Lieblingsbüchern veröffentlicht. Erstaunlich, nicht nur weil man bei nicht allen Popstars davon ausgehen kann, dass sie lesen, sondern auch, weil er mehr als hundert gelesen hat und einige davon richtig anspruchsvoll, auch theoretisch, sind! Noch dazu sagt Bowie, wenn er nicht Musiker geworden wäre, dann wäre er Schriftsteller geworden, und er verstehe seine Lieder als kleine Romane. Die Liste wurde von seinem Kurator für eine Ausstellung mit dem Titel David Bowie Is zusammengestellt, die vom Victoria and Albert Museum in London jetzt nach Kanada in die Art Gallery of Ontario in Toronto gewandert ist, wo sie bis zum 27. November 2013 zu sehen ist. Auch die Münchener Abendzeitung berichtete darüber. Als er jung war, soll Bowie immer mit demonstrativ herumgetragenen Büchern in der U-Bahn angegeben haben, und bei Dreharbeiten in der Wüste hatte er eine ganze Truhe voller Bücher mit. Ob er jetzt E-Bücher liest, ist nicht erwähnt, aber angeben konnte man damit wirklich nur ganz kurz vor ein paar Jahren, als sie noch neu waren, finde ich.
Auf der Liste finden sich die Klassiker wie Camus’ Der Fremde oder George Orwells’ 1984, aber auch Überraschungen wie Christa Wolfs Nachdenken über Christa T. oder Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz. Auch auf der Liste sind einige Bücher oder Autoren, die ich hier schon rezensiert habe: On the Road von Jack Kerouac und Kaltblütig von Truman Capote, aber auch African American Studies-Klassiker wie Richard Wrights Autobiografie Black Boy und Nella Larsons Passing (auf Deutsch unter dem Titel Seitenwechsel), über ihr ganz persönliches Thema einer Mulattin, die als weiß „durchgeht“. Außerdem sind einige von meinen Lieblingsbüchern dabei, zum Beispiel Room at the Top  (Der Weg nach oben) von dem Angry Young Man John Braine.
Überrascht hat mich aber vor allem John Kennedy Tooles Confederacy of Dunces (Die Verschwörung der Idioten), das Bowie Anfang der 2000er Jahre gelesen hat, vielleicht ja in Vorbereitung auf ein Konzert in New Orleans? Auf mehreren Touren ist er dort aufgetreten, und man findet im Internet die Setlisten für die Konzerte am 30. April 2004 im Saenger Performing Arts Theater an der Canal Street (hier) und am 6. Oktober 1987 im Louisiana Superdome (hier). Bowies Titel Time ist wohl 1974 während eines Tourneestops in New Orleans entstanden. 
Übrigens war das wunderschöne Saenger, wo ich vor langer Zeit mal den Fiedler auf dem Dach gesehen habe, seit Hurrikan Katrina geschlossen. Heute wird es mit einer Gala eröffnet und noch im Oktober kommen Garrison Keillor mit dem Prairie Home Companion, Wynton Marsalis und Orchester, Diana Ross usw. Für die folgenden Monate sind auch der Satiriker Bill Maher und der Musiker Dave Matthews angekündigt. Und wer weiß, vielleicht schaut David Bowie jetzt auch mal wieder vorbei.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen