Mittwoch, 4. April 2012

Neville Brothers, Jazz Fest und Radio

Die NPR-Sendung Beale Street Caravan aus Memphis wird vom Touristenbüro der Stadt Memphis (Convention and Visitor’s Center) gesponsort und auch von der Tennessee Arts Commission und Arts Memphis. Das wundert mich eigentlich ein bisschen, denn vor allem macht die Sendung Werbung für das Jazz Fest, von dem immer wieder Live-Mitschnitte die ganze Sendung bestreiten. Das New Orleans Jazz & Heritage Festival, wie es offiziell heißt, findet aber nun mal in New Orleans statt, dieses Jahr vom 27. April bis 6. Mai. Auch dieses Jahr wird es garantiert wieder sehr voll und sehr heiß: Die Menschen (auch viele Touristen) werden sich unter den wenigen vereinzelten Bäumen versammeln, louisianisches Essen essen und Bier trinken, und sie werden auf verschiedenen Bühnen und in Zelten am laufenden Band tolle Musik hören und dazu tanzen. Dieses Jahr auch dabei: Bruce Springsteen und die E Street Band und viele Musiker aus Louisiana.
Vorletzte Woche ging es im Beale Street Caravan um die Neville Brothers, die sich für die Jazz Feste 2008 und 2011 wieder zusammengefunden hatten. Es ist eine Rhythm & Blues-Band, bestehend aus den vier Brüdern Art, Charles, Aaron und Cyril Neville, die 1989 auch hierzulande mit „Yellow Moon“ einen Hit hatte. Die Nevilles sind neben den Marsalis die wohl bekannteste Musikerdynastie aus New Orleans. Auf ihrer Webseite heißt es „New Orleans’ First Family of Funk“; dort wird man auch mit „Yellow Moon“ begrüßt. Sie haben einzeln, zusammen oder als The Meters immer wieder Hits produziert. Eine Tochter, Charmaine Neville, erregte mit einem anklagenden Interview, das sie wenige Tage nach Katrina (am 5. September 2005) gab, nationales Aufsehen. 
Ihr Onkel, Cyril Neville, der seitdem in Austin, Texas, lebt, schrieb in einem bewegenden Artikel darüber, „warum er nicht zurück nach New Orleans“ gehe. Das war im Dezember 2005. Im August 2007, nach seinem Konzert (mit Gaynielle Neville) im Garbáty in Berlin-Pankow, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und fragte ihn, ob er denn wirklich nicht zurückgehen wolle. Darauf meinte er: „Nein, da gibt es nichts für mich.“ In dem Artikel beklagt er die mangelnde Unterstützung der Stadt für ihre Musiker, von denen die wenigsten in New Orleans wirklich ihr Geld verdienen könnten. Ohne wirtschaftliche Gleichstellung, Eigentum und Steuersenkungen, wie sie das French Quarter bekomme, sehe er keine Zukunft für Afroamerikaner in der Stadt. Die betroffenen Viertel sollten eigene Tourismuskommissionen haben und eigene Hotels und Restaurants errichten können. Cyril Neville lebt immer noch in Austin, aber singen und musizieren tut er über New Orleans. Am 27. Oktober 2012 zusammen mit Devon Allman auch im Quasimodo in Berlin.
Dass New Orleans nicht gut für seine Musiker sorgt, sah man auch daran, dass Fats Domino, der große R & B-Musiker der 60er und 70er Jahre, zunächst in Katrina vermisst war, bevor er mehrere Tage später mit dem Hubschrauber evakuiert wurde. Der Produzent und Komponist Allen Toussaint verlor in dem Hurrikan sein Haus samt Steinway-Flügel und Instrumenten sowie seiner Bibliothek. 
Hier habe ich eine ganz hoffnungsvolle Sendung entdeckt, die vor zwei Wochen im Bayrischen Rundfunk lief und die man hier hören kann: „New Orleans – Schwarz ist das Herz“. Ein wirklich interessanter Lagebericht mit wirklich groovender Musik. Kudos dem Journalisten Jonathan Fischer.

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