Sonntag, 14. Juli 2013

Nachtrag


Langston Hughes’ Simpel spricht sich aus habe ich in der Übersetzung von Günther Klotz jetzt noch einmal gelesen und finde es auf die Dauer schon anstrengend, so eine verschliffene Sprache zu lesen, bei der Umgangssprache durch falsche Grammatik wiedergegeben wird wie sie auch im Dialekt niemand verwendet. Auch der Duktus der Figur Simpel ist nicht durchweg liebenswert.
Auffallend ist die enorme Sachkenntnis des Übersetzers, die sich auch im Glossar zeigt. Zum Beispiel erklärt er die Formel „taxation without representation“ (Besteuerung ohne parlamentarische Vertretung ist Tyrannei) als eine Losung im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, da eben Kolonien zwar besteuert wurden, aber nicht politisch vertreten waren. Diese Losung wird übrigens heute auch von Bewohnern des District of Columbia (d.h. der Hauptstadt Washington) gepflegt, denn auch sie sind nicht im Kongress vertreten, müssen aber Steuern zahlen. Aber da sie nicht politisch vertreten sind, fehlt wohl der politische Wille, ihre parlamentarische Vertretung durchzusetzen. In dem Buch bezog sich der Satz auf die damalige Situation der Afroamerikaner.
Auch sehr schön gelöst ist das Wortspiel mit „Bar“, pass the bar heißt ja die Anwaltsprüfung bestehen, aber bar heißt eben auch Bar. Mir hat man vor langer Zeit mal einen Anstecker geschenkt: I passed the bar and stayed there – Ich bin an der Bar vorbeikommen und gleich geblieben. 
Hier der Dialog aus dem Buch:
„...du solltest Redner werden.“
„Hm, ich hab Angst vor den Publikum. Mein Platz ist bei der Bar.“
„Bei der Gerichts-Bar-keit als redefleißiger Anwalt?“
„Bein Gericht haben se keine richtige Bar.“
Auch interessant fand ich die Lösung für das Wort bitch, das eigentlich Hündin heißt, aber auch als Schimpfwort für (unangenehme) Frauen verwendet wird. „Petze“ heißt es bei Günther Klotz und im Duden fand ich „Petze“ in der Bedeutung als Hündin in bestimmten Landstrichen (allerdings nicht in meinem). Auch so ein Dauerbrenner der Übersetzungsschwierigkeiten.
Vor allem das Nachwort, das gar nicht so vordergründig sozialistisch ist, sondern gut auf die Situation der Afroamerikaner und die Entstehung des Buches eingeht, datiert aber das Buch. Es ist von 1960, also noch vor dem Mauerbau, und dort werden Wörter wie „Negerzeitung“, „Negerkirche“ usw. wertneutral verwendet. Das geht natürlich heute nicht, aber für die Verwendung des Wortes in historischen Texten selbst ist die Diskussion angestoßen und nicht beendet, sowohl in den USA wie auch hier.
Auf ironische, aber treffende Weise thematisiert Simpel die ungerechte Behandlung der Schwarzen, und in diesen Tagen zeigt sich besonders deutlich, wie weit das Land noch von wahrer Emanzipation entfernt ist. Der Neighborhood-Watch-Eiferer George Zimmerman ist heute freigesprochen worden, obwohl er den jungen Trayvon Martin ohne Not getötet hat. Viele Facebook-Kommentare weisen darauf hin, dass es sicher anders ausgegangen wäre, wenn George Zimmerman schwarz und Trayvon Martin weiß gewesen wäre. Auf der Titelseite von http://www.washingtonpost.com/ ist ein junger Schwarzer namens Will Reese zu sehen, der in Harlem mit einem Schild an der Straße steht. Darauf heißt es: Honk! Justice for Trayvon Martin! (Hupen! Gerechtigkeit für Trayvon Martin!) 
Noch ein Wort zu Robert Hemenway (*1941), dem Wiederentdecker von Zora Neale Hurston. Neben ihrer Biographie, einem Klassiker, schrieb er noch andere Bücher und Artikel zu afroamerikanischer Literatur und unterrichtete weiter als Professor für Englisch. 16 Jahre lang war er auch der sehr erfolgreiche Kanzler der University of Kentucky in Lexington, Kentucky und dann von 1995 bis 2009 Kanzler der University of Kansas mit mehreren Campussen.
Heute ist übrigens Bastille Day... Vive la République!

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