Ich bin immer wieder überrascht, wie New Orleans auch in
deutschsprachigen Landen zelebriert wird. So bin ich im Internet auf
Restaurants gestoßen, die es in verschiedenen Städten gibt.
Das New Orleans in Bielefeld, Markt 17, bietet zum Beispiel Gumbo
und Jambalaya, Hurricane-Cocktails und Eigenkreationen wie einen
French Quarter Salad mit Garnelen, Zwiebeln und Kräutern. Auch in Bad
Oeynhausen gibt es ein Restaurant mit Namen New Orleans und in Herford lädt die Musikkneipe New Orleans zu
einer reichhaltigen Karte mit Burgern und Chicken-Dingsbums und
Ofenkartoffeln. Aufgefallen ist mir ein Dessert mit Namen „Blueberry
Hill“, ein Eierkuchen mit Blaubeerfüllung. In Wismar befindet sich ein Hotel New Orleans mit einem Restaurant und einem
French Quarter Café. Die Webseite schwärmt von der südlouisianischen Küche:
„pralle Sandwiches, saftige Steaks, knusprige Chicken, knackige Salate und
vieles mehr.“
Dann die Festivals. Das New Orleans Festival in Innsbruck
ist sicherlich das „authentischste“, denn Innsbruck hat seit 1995 eine
Städtepartnerschaft mit New Orleans. Dazu gibt es auch ein reges
Austauschprogramm mit der University of New Orleans, dessen europäische Tour
ich zwei Sommer jeweils 2-3 Tage lang in Berlin begleitet habe. Das Festival
nahm im Juni vier Tage lang die Innenstadt von Innsbruck in Beschlag, mit
jeweils einer „Marching Band“ um 15 Uhr und nachfolgenden Konzerten mit Tiroler
Musikern und dem Gitarristen Les Getrex (der früher mit Fats Domino musiziert
hat) und seiner Band Creole Cooking. Es war das 14. Festival und es ging am
Sonntag mit einer Gospelmesse im Dom zu St. Jakob und einem Gospelbrunch auf
dem Marktplatz zu Ende.
Ende Mai fand auch das 13. Fürther New Orleans Festival
statt, bei dem über drei Tage vor allem lokale „amerikanische“ Bands
aufspielten und aus New Orleans niemand angekündigt war.
Tja, und dann gibt es noch New Orleans meets Zofingen, ein Städtchen in der Schweiz mit 11.000 Einwohnern.
Das Festival fand am 2. Juli, einem Montag, ab 17 Uhr in der Altstadt statt,
auch vor allem mit lokalen Musikern. Als ich dann auf das
Organisationskomitee klickte und das Foto sah, hat es auch bei mir KLICK gemacht.
Wer kennt sie nicht, die schmerbäuchigen Dixielandbands, die „authentischen“
New Orleans Jazz spielen und sich und ihre Fans in irgendeine heile
Fantasiewelt mit festen, immer wiederholten Noten und Formeln, mit einer
schöneren Vergangenheit transportieren. Bei all diesen Festivals, Restaurants, oft auch in Krimis
und Fantasy-Büchern geht es nämlich um New Orleans als Mythos und nicht als reale
Stadt. Dieser Mythos setzt sich aus Musik, Küche, eventuell auch Architektur
und anderem zusammen, greifbareren, auch eher reproduzierbaren, konsumierbaren und vermarktbaren Dingen als zum Beispiel Liebe und Eleganz (Paris) oder
Großstadtchaos, Tempo, Wolkenkratzer, Feuerleitern (New York). Deshalb
vielleicht ist er so stark und so verbreitet.
Meine ursprüngliche Faszination für New Orleans hatte sicherlich
auch ein wenig mit dem Mythos zu tun. Aber als ich dann in der realen Stadt war, und zwar nicht als klassische Touristin, habe ich mich ganz neu
verliebt. New Orleans selbst erliegt auch immer wieder seinem Mythos, und nicht nur die freundlichen Herren mit grauem Haar. Doch ist die Stadt nie statisch, nie festgeschrieben, immer im Werden, Machen und Entstehen, immer in der
Improvisation.
Es ist natürlich Unsinn, einen Mythos gerade rücken zu wollen, wie ich es hier auch immer wieder versucht habe. Es ist nämlich genau das Prinzip des Mythos, dass er unverrückbar ist, dass er, so wie er ist, den ihn Beschwörenden etwas gibt, ihnen Freude bereitet und sie irgendein Wohlbefinden damit assoziieren. Ein Mythos, und also auch der Mythos New Orleans, gehört allen und sie haben ein gutes Recht darauf.
PS: 28. August: In Frankfurt am Main gibt es auch ein New-Orleans-Restaurant, das King Creole.
PS: 28. August: In Frankfurt am Main gibt es auch ein New-Orleans-Restaurant, das King Creole.
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