Mittwoch, 15. Oktober 2014

Kreolisches und anderes Erbe

Oktober ist seit 2005 in Louisiana der Creole Heritage Month (Monat des kreolischen Erbes) und in Kanada und St. Lucia in der Karibik ist es sogar International Creole Month. Als Kreolen, wir erinnern uns, werden typischerweise die in der Neuen Welt geborenen Nachfahren von Spaniern und Franzosen bezeichnet. In New Orleans denkt man dabei meist an Afroamerikaner wie die Musikerdynastien Marsalis und Neville, aber dann gibt es eben auch die, die damit nichts zu tun haben wollen und sich als Weiße verstehen.
Dann gibt es auch noch die in Louisiana als passe-blancs bezeichneten Menschen, d.h. diejenigen mit afroamerikanischer Herkunft, die sich -- oft woanders als in ihrer Heimat -- erfolgreich als Weiße ausgeben und durchschmuggeln konnten, was das Leben natürlich enorm erleichterte. Nella Larsen schrieb darüber in ihrem Roman Passing von 1929 (Deutsch: Seitenwechsel, Dörlemann 2011, Übersetzt von Adelheid Dormagen), einem Klassiker der African American Studies. "Seitenwechsel" finde ich übrigens eine ganz schöne Lösung, denn eine richtige deutsche Entsprechung haben wir aus gegebenen Gründen nicht.
Der Blog Jambalaya Magazine hatte das Thema erst kürzlich. In dem ersten kleinen Video berichtet Bliss Broyard über ihren Vater, den Greenwich-Village-Bohemien Anatole Broyard, der von Kreolen aus New Orleans abstammte und seine Herkunft verleugnete, weil er kein "negro writer" sein wollte. Sie hat diese Geschichte auch in dem Buch One Drop verarbeitet. Im zweiten Video macht sich der Reporter Charlie LeDuff auf Spurensuche und findet versprengte Verwandte verschiedener Couleur.
In einem anderen Artikel zeigt der Blog, wie vermutlich viele kreolische Familien aussehen -- bunt durcheinander.
Das Titelbild dieses interessanten Blogs zeigt die berühmte Oak Alley Plantation, ursprünglich Bon Séjour (Schöner Aufenthalt) genannt, die für einen Kreolen erbaut wurde. Auch die Laura Plantation war kreolisch und erinnert wenigstens auch ein bisschen an die Sklaven. Wenn man nämlich die anderen Herrenhäuser besichtigt, dann wird man oft von jungen Damen in Reifröcken geführt, die über die Möbel und die früheren Sitten erzählen, die Namen der ehemaligen Besitzer herunterleiern usw. Von den Sklaven, die die Plantage aufgebaut und unterhalten haben, ist dabei kaum die Rede, nicht einmal auf der Webseite des National Park Service (hier und hier).
Zumindest auf der Whitney Plantation, auch am Westufer an der River Road gelegen, ändert sich das gerade. Hier richtet nämlich der Anwalt und Immobilienhai John Cummings aus New Orleans das erste Museum der Sklaverei ein, mit einem dem Vietnam Veterans Memorial in Washington, D.C., nachempfundenen Denkmal mit den eingemeißelten Namen der Sklaven, meist nur Vornamen, die dort lebten und schufteten. Die Historikerin Gwendolyn Midlo Hall hat eine Datenbank angelegt, in der die Namen von mehr als 100.000 Sklaven in Louisiana festgehalten sind. Es wird auch Statuen geben und ein beeindruckendes Denkmal mit Keramikköpfen, die an Metallstäben am Wasser im Wind wiegen und an die Niederschlagung des größten Sklavenaufstands in den USA, des German Coast Uprising von 1811, erinnert (hier). Die Whitney Plantation wurde übrigens von deutschen Einwanderern gegründet, den Haydels, die mit die meisten Sklaven in Louisiana hatten, nämlich 101. Sie waren auch bei weitem nicht die einzigen Deutschen in der Gegend, wie sich noch an Namen wie Waguespack (nach Wagenbach) ablesen lässt und am Namen Côte des Allemands.
"Es wird schockierend, bizarr und beeindruckend," so der Initiator Cummings. Und wenn er vielleicht auch ein paar Fehler mache, meint er, so ist es doch ein Anfang.