Der Häuserstil, um den es hier geht, hat mit der hohen
Mordrate in New Orleans nichts zu tun (erst letzte Woche sind zwei Babys
erschossen worden). Und doch ist er so verbreitet, dass er sich auch in den
ärmeren Vierteln mit hoher Kriminalität findet, aber auch in den schöneren
Gegenden. In einigen der Häuser mögen tatsächlich auch Flinten herumstehen.
Dem Mythos nach heißen diese Schrotflinten-Häuser so,
weil die Räume ohne Flur hintereinander angeordnet sind, so dass alle außer dem
ersten und letzten Raum Durchgangszimmer sind. Rein theoretisch könnte man also bei geöffneten Türen durch das Haus hindurch schießen (oder, weniger schusswaffenorientiert, einen
Stein hindurch werfen oder eine Feige oder ein volles Portemonnaie).
Forschungen haben jedoch ergeben, dass der Name vermutlich von dem
afrikanischen Wort to-gun oder shogon hergeleitet ist und, so wie der Haustyp
selbst, mit afrikanischen Sklaven und
Ex-Sklaven über Hispaniola (also vor allem Haiti) nach New Orleans gelangte, von wo er sich über weite Teile des
Landes verbreitete.
Das Haus hat vorn und hinten kleine Veranden,
die das Haus beschatten, es zur Gemeinschaft hin öffnen und zum Sitzen
einladen. Das ist das typisch Afrikanische an diesen Häusern, das auch
die Lebensart in New Orleans prägt. Noch mehr als Weiße sitzen Afroamerikaner vor dem
Haus, ohne scheinbar etwas zu tun, außer vielleicht reden.
Die Decken sind relativ hoch, um das Haus zu kühlen,
und durch die geöffneten Türen kann die Brise wehen. Obwohl es aus Holz gebaut
ist, eignet es sich für das subtropische Klima. Leider sind solche
althergebrachten, weisen Techniken heute fast hinfällig geworden, weil alle nur
noch frostige, per Klimaanlage gekühlte Räume gewöhnt sind, wo man sich oft
besser ein Strickjäckchen anzieht. Die Häuser stehen immer erhöht auf kleinen Ziegelpfeilern.
Es gibt die normalen, einfachen Shotgun-Häuser, es gibt die Double
Shotguns, wo praktisch zwei spiegelgleiche Gewehrläufe nur durch die gemeinsame
Mittelwand getrennt von vorn nach hinten verlaufen und es gibt das Camelback
Shotgun, bei dem wie ein Kamelhöcker im hinteren Teil ein oder zwei Räume
aufgestockt und über eine Treppe zu erreichen sind. So eines habe ich noch
nicht von innen gesehen und muss es unbedingt nachholen.
Meine Freundin wohnte einige Jahre in einem sehr schönen
Shotgun-Haus an der General Pershing Street mit 5 Räumen, einer davon
das Bad und ganz hinten die Küche. Auch einige der Häuser in Brad Pitts Make It Right NOLA-Projekt mit
umweltfreundlicher Gestaltung und Ausstattung sind ihrem Grundriss nach von
Shotgun-Häusern inspiriert.
Noch eine Bemerkung zu dem Wort NOLA für New Orleans,
Louisiana. Es ist ganz praktisch, wenn man z.B. eine E-Mail schreibt oder auf die Schnelle eine Notiz macht. Und doch klingt
es irgendwie fremd und beflissen, so wie auch Prenzlberg gar nicht mehr geht, obwohl es als
Prenzl. Berg zu DDR-Zeiten okay war. Wir haben damals NO geschrieben
und sagen tut man nach wie vor New Orleans. In diesem interessanten
Blog-Eintrag zur Gentrifizierung und einer weißen Perspektive auf New Orleans
schreibt die Autorin sogar von der Zeit vor Katrina „als wir noch New Orleans und
noch nicht NOLA waren“. NOLA steht für sie für den Ausverkauf, das
Touristischmachen, die Gentrifizierung der Stadt.
Mehr über Shotgun-Häuser findet sich in Wikipedia, und Fotos der
verschiedenen Typen mit einfachem, zweifachem (two-bay) oder dreifachem Eingang
und verschiedener Ornamentik unter Google-Bilder. Diese Häuser wurden übrigens
vorwiegend zwischen 1820 und 1930 gebaut. Eine ausführliche, englischsprachige Darstellung mit Fotos hier.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen