Das NYPD, die New Yorker Polizei, hat eine Facebook-Seite. Dort und anderswo wurde gestern ein Foto eingestellt, das eine Touristin aus Arizona, selbst Polizistin, vor ein paar Tagen gemacht hat. Es zeigt einen New Yorker Polizisten (jetzt als der 25jährige Larry DePrimo identifiziert), der einem barfüßigen Obdachlosen ein Paar warme Winterstiefel und Socken gekauft hat und ihm sie gleich anziehen helfen wird. Larry DePrimo meinte dazu später: "Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht."
Irgendjemand im NOPD, der New Orleanser Polizei, die nicht bei Facebook ist, hat sich aber wohl etwas dabei gedacht, als er dieses Überwachungsvideo hollywoodesk "bearbeitete", bevor er es als Pressemeldung herausgab (filmstudioähnliches Logo, Zwischentitel, schnelle Schnitte, rasante Musik). Gesucht wird ein Laptopdieb. Berichtet hat dies der Gambit Weekly; auf der Presseseite des NOPD habe ich das Video nicht gefunden. Sachdienliche Hinweise werden dort aber sicherlich gern entgegengenommen.
PS Ein Sprecher des NOPD sagte gegenüber der Times-Picayune: "Nicht alle Videos werden in Zukunft so aussehen. Es war ein einmaliges Experiment." Inzwischen ist das Video von allen Quellen entfernt worden, nur hier sieht man noch ein Bild. Ach, schade.
Freitag, 30. November 2012
Mittwoch, 28. November 2012
Vom Winde verweht
Um gewisse Meilensteine der amerikanischen (Pop)-Kultur
kommt man eigentlich nicht herum: Pollyanna,
Dr. Seuss, The Sound of Music, Saturday
Night Live... Und doch habe ich mich um
einige bisher erfolgreich gedrückt, Star Wars zum Beispiel. Football habe ich nur einmal live und
von Anfang bis Ende gesehen, wobei mich das tailgating (d.h. das Grillen,
Feiern, auch Zelten auf dem Parkplatz am Stadion) am meisten beeindruckt hat. Baseball kenne ich nur als Softball
für Schulmädchen und beim Training. Auch um Vom Winde verweht habe ich lange einen Bogen gemacht, bis es letzte
Woche so weit war.
Es geht bekanntlich um Scarlett O’Hara, älteste Tochter
eines Plantagenbesitzers in Georgia, der selbst irischer Abstammung ist und mit
irischem Akzent spricht. Am Anfang des Films flirtet Scarlett mit den jungen
Männern der Umgebung, und überhaupt spannt sie mit Vorliebe ihren Freundinnen
und Schwestern die Männer aus. Sie ist falsch und manipulierend, und das machte
sie mir sofort so unsympathisch, dass ich den Film nach 10 Minuten anhielt und
monatelang keines Blickes würdigte. Gespielt wird Scarlett noch dazu von Vivien
Leigh, die schon in Endstation Sehnsucht
als Blanche eine äußerst nervige Figur abgab.
Scarlett liebt eigentlich nichts und niemanden, außer
vielleicht das Anwesen, auf dem sie aufwuchs, Tara, das immer wieder eine Rolle
spielt. Sie ist hübsch und weiß sich in Szene zu setzen, sie ist auch taff,
gerissen, geschäftstüchtig, und – und das ist vermutlich ihre große Stärke – an
Konventionen liegt ihr wenig. Als sie bei Nachbars eingeladen ist, erfährt sie
zu ihrer Enttäuschung, dass der Sohn Ashley Wilkes (damals war Ashley noch ein
Männername) seine Cousine heiraten will und nicht sie. Also macht sie ihm rasch
ein Liebesgeständnis, zufällig mitgehört von Rhett Butler, der wiederum von ihr
gerade wegen ihrer Unverfrorenheit sehr angetan ist. Auf der Party wird auch
beschlossen, dass man gegen den Norden in den Krieg ziehen wird.
Der Bürgerkrieg prägt dann auch den größten Teil des (2 DVDs
umspannenden) Films. Die vielen Verwundeten und Toten, die Zerstörung, die Not
dieses Krieges werden vorstellbar. Scarlett
kümmert sich ihm zuliebe um Ashleys Frau, die ihr eine tiefe Zuneigung und
Dankbarkeit entgegenbringt. Mit Melanie zusammen arbeitet sie auch kurzzeitig
in einem Lazarett, bis sie das Elend dort nicht mehr ertragen will. Zwei Ehen, die
sie aus unlauteren Motiven einging, enden mit dem jeweiligen Tod des Mannes.
Treu an ihrer Seite bleibt vor allem Mammy, ihre schwarze Amme, gespielt von
Hattie McDaniel, die für ihre Darstellung als hörige Sklavin, auch als sie keine
mehr ist, kritisiert wurde. Ob das wirklich so stereotyp ist, wie ihr
vorgeworfen wird? Ammen, die Kinder wie Mütter aufziehen und vielen Fällen auch
stillen, entwickeln doch sicherlich eine starke Loyalität zu diesen Kindern.
Scarlett kehrt auch während des Krieges nach Tara zurück und
verteidigt es gegen alle möglichen Angriffe. Bei Geldknappheit und Hunger schwört
sie sich, nie wieder in eine solche Situation zu kommen.
Rhett Butler, der Schwerenöter und Geschäftemacher, taucht
immer wieder auf und neckt und hofiert sie. Schließlich heiraten
die beiden, und Scarlett scheint auch sexuell erfüllt mit ihm zu
sein, doch immer wieder kommt es zu Streit, Bockigkeit und Missverständnissen
zwischen den beiden, wegen der Tochter, wegen Scarletts Versuchen, Ashley für
sich zu gewinnen usw. Rhett, dessen Charme im Laufe des Films zumindest mein
Herz gewinnen konnte, verlässt sie am Ende mit der Kult gewordenen Bemerkung:
„Frankly, my dear, I don’t give a damn.“ (Ehrlich gesagt, meine Liebe, ist mir
das scheißegal. Die deutsche Synchronfassung lautet „Offen gesagt,
pfeif ich drauf“.) Scarlett zieht sich auf Tara zurück, um sich zu sammeln und
zu planen, wie sie ihn zurückgewinnen kann.
Es gibt auch eine kurze Szene in New Orleans, wohin die
beiden mit einem Raddampfer in die Flitterwochen fahren, bevor Scarlett schnell
nach Tara zurück möchte. Ich hatte immer gedacht, dass der Film auf der
legendären Oak Alley Plantation in Louisiana spielte, aber das war ein Irrtum.
Tara oder Twelve Oaks soll von der Boone Hall Plantage in der Nähe von
Charleston inspiriert sein, während Oak Alley Schauplatz für viele andere Filme
war, siehe hier.
Worin die Faszination des Films besteht? Die Monumentalität,
die erstaunlichen Farben und Effekte und die Musik kann man sicher nur bei einem großen Bildschirm wertschätzen. Doch die Darstellung des Bürgerkriegs war
beeindruckend und plastisch, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Die
Rassenbeziehungen werden nicht sehr vorteilhaft, aber wohl halbwegs akkurat
dargestellt. Neben den schönen Kleidern und der Darstellung eines Südens und einer Zeit, die es nicht mehr gibt, faszinieren vielleicht auch gerade die Beziehungen. Eine schwülstige Liebe „bis an das Ende der Tage“ gibt es hier nicht, denn Ashley und seine Frau verbindet eine tiefe Freundschaft und möglicherweise Seelenverwandtschaft, und Rhett Butler und Scarlett O’Hara teilen eine starke, aber kratzbürstige Anziehung, die zum Teil auch ein Spiel ist, das am Ende aus Dummheit und Eitelkeit scheitert. Es nicht einfach ein Liebesfilm nach altbekanntem
Muster, sondern eher ein Lehrstück über Beziehungen.
Insgesamt ein Schinken, sicher, aber doch ein ungewöhnlicher Schinken mit feinen Nuancen und differenzierten Geschmacksnoten. Einer, den man sich ruhig einmal gönnen kann.
Samstag, 24. November 2012
New Orleans um 1850
Heute habe ich in alten Büchern geblättert. In Cis- und
transatlantische Skizzen Nr. 1 der
„Taschen-Bibliothek der Reise-, Zeit- und Lebensbilder“, Rudolstadt 1854, schreibt Johannes Quendt über den „mexikanischen Meerbusen“ und das „untere
Mississippithal“: „fette Marschen, üppige Sümpfe, starke Sandstrecken und
tropische Vegetation“. Im Westen von Louisiana gäbe es „sumpfige Gegenden mit
wildem Reis bedeckt“ -- deshalb wird dort also auch heute Reis angebaut!
New
Orleans hatte um 1850 145.000 Einwohner und der Hafen, 150 Meilen von der
Mündung am rechten Ufer des Mississippis gelegen, war für die Ausfuhr von
Baumwolle, Taback, Zucker, Mehl, Speck, Salzfleisch, Talg, Heu, Bohnen und
vielen anderen Dingen von Bedeutung.
Die kleine Beschreibung endet so: „Das Klima ist ungesund
und verheerend. Die Bevölkerung setzt sich aus allen Nationen zusammen, doch
halten sich Anglo-Amerikaner und Creolen spanischer und französischer Abkunft
das Gleichgewicht.“
Sonntag, 18. November 2012
A Studio in the Woods
Das Studio im Wald liegt hinter den Bergen bei den sieben
Zwergen, so scheint es, obwohl es in Louisiana kaum Berge gibt. Auf der circa halbstündigen Fahrt von New Orleans geht es über die lange, sehr befahrene,
tatsächlich hügelartige Crescent City Connection-Brücke
(Halbmondstadtverbinder) auf die andere Seite des Mississippi, dann hält man
sich rechts, dann links auf dem General de Gaulle Boulevard durch die
zersiedelte Westbank, dann über eine weitere hohe und in sich geschwungene
Brücke über den Intracoastal Waterway hinweg zu einer verlassenen Straße, die
gleich am Fuße des Deiches einer der großzügigen Kurven des Mississippi folgt,
die hier, das sieht man auf der Landkarte, eigentlich eher eine Öse ist. Die
Straße endet vor den Toren des Audubon Center for Research und einige Meter davor zeigt rechts ein verwittertes
Schild auf die zugewachsene Einfahrt zum Studio in the Woods.
Organisch in die Bäume eingefügt steht ein lichtes hölzernes
Haus mit großzügiger, gazeumzäunter Veranda. Die Koordinatorin Cammie
Prewitt-Hill empfängt mich mit Flipflops und langem fließenden Rock. Wir treten
in eine große Küche mit Fenstern an drei Seiten, die in ein wirres, gemütliches
Wohnzimmer und hinten einen Arbeitsplatz übergeht. Ich sage: Das sieht aus wie
jemandes Haus. Cammie sagt: Ist es ja auch.
Und das kommt so:
Joe und Lucianne Carmichael kamen 1968 als frisch verliebtes
Paar manchmal an diese Stelle zum Picknicken, bis sie 1969 zufällig hier ein
Grundstück erwarben. Neben ihrem „richtigen“ Beruf waren beide Künstler – sie
arbeitet mit Ton, er mit Holz – und so bauten sie aus den im umliegenden Wald
und anderswo anfallenden Materialien bis 1977 nach und nach das Haus. Er
zimmerte einen langen Tisch für die Veranda, sie brannte die Fliesen für den
Fußboden. Dann legten sie einen kleinen Teich an, doch das umliegende Dickicht
ließen sie fast unberührt, sahen es vielmehr als Inspiration für ihre Arbeit,
denn sie hatten sich auch Künstlerstudios gebaut. Sie luden Schulklassen
zu Ausflügen ein und gewährten manchmal informelle Künstleraufenthalte,
leiteten Workshops.
1998 begann die Suche nach einem wohlwollenden Hausbesitzer.
Im Dezember 2004 übergaben sie A Studio in the Woods in die Obhut der Tulane University New Orleans, wo
es zum Center for Bioenvironmental Research (Zentrum für umweltbiologische Forschung) gehört. Zum Studio gehört auch der
Umweltkurator Dave Baker, der die Natur beobachtet und pflegt, zum Beispiel den
Chinesischen Liguster entfernt, der den gesamten Süden der USA zu überwuchern
droht. Seit 2003 werden im Studio in the Woods Aufenthaltsstipendien für
Künstler angeboten, nach Katrina und Rita vor allem auch
Restaurationsaufenthalte für von den Hurrikanen betroffene Künstler, darunter
der Komponist und Musiker Michael White, der in dem Film The Sound of
the Storm beschrieb, wie er hier wieder
anfing zu arbeiten. Jedes Jahr im Januar werden Aufenthaltsstipendien für
jeweils 6 Wochen ausgeschrieben, die an Künstler verschiedener Sparten vergeben
werden: bildende Künstler, Autoren, Filmemacher, Musiker.
Wenige Tage vor meinem Besuch war die junge Jazzfolksingerin, Musikerin und
Liedermacherin Sarah Quintana aus New Orleans gerade als Stipendiatin
eingezogen, von deren Musik, wie Cammie berichtete, die ganze Jury sofort in
den Bann gezogen war. Beeinflusst sicher auch durch ihr Leben in Frankreich, wo
sie auch eine Fangemeinde hat, ist es eine Musik mit ungewöhnlichen Tönen und
viel Raum und Zeit. Ihre erste Platte The World Has Changed hat sie übrigens per Crowdfunding
finanziert.
Sarah erzählt, wie sie die Geräusche der Natur aufnimmt, die
sie porös und aufnahmefähig machen, wie wohl sie sich in der Nähe der
Waschbären, Armadillos, und Waldtiere fühlt, wie der fruchtbare Mississippi sie
inspiriert. Dass sie den
Mississippi, der wie sie meint, wegen der Umweltprobleme wütend auf uns
ist, konsequent mit dem weiblichen „sie“ bezeichnet, mag mit
ihrem traurigen, aber wunderschönen Lied „Mama Mississippi“ zu tun haben: Sarah
Quintana auf der Kaffeetasse ihrer Großmutter. Hört es Euch hier an! Im Dezember soll ihr Album mit den Stücken aus dem Studio erscheinen, The Delta Demitasse.
Begleitet war mein Besuch von einer Geräuschkulisse aus Industrielärm, der über den Deich drang: Quietschen, Knarren,
Schlagen, Schiffs- und Hafengeräusche, wie ich sie aus Donaldsonville kenne, wo
ich gleich am Mississippi gewohnt habe. Als ich später auf den Deich kletterte,
sah ich sie liegen, die riesigen Ozeanfrachter, vielleicht auf Reede,
einer hinter dem anderen, in der ganz unromantischen Flusslandschaft. Das Studio in the Woods ist also nicht einfach eine Naturoase für die Künstlerseele,
sondern ein Ort, der dem sich Kunst und Realität verbinden, an dem die Idylle
eben auch von chinesischem Liguster und Industrie gebrochen ist, wo man in der
Natur und doch ganz mit der aktuellen Zeit verbunden ist.
Zum Abschluss meines Besuches sprach ich noch kurz mit
Lucianne Carmichael, die meinte, ich solle mich doch einmal auf einen
Aufenthalt bewerben. Mach' ich, sehr gern.
Samstag, 17. November 2012
Öl
Vor zwei Tagen wurde bekannt, dass sich British Petrol für die Deepwater Horizon-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko für schuldig erklärt hat (siehe hier), auch für die fahrlässige Tötung und die Behinderung von Ermittlungen seitens des Kongresses. Der Konzern hat sich mit der US-Regierung u.a. auf eine Strafe in Höhe von 3, 5 Milliarden Dollar geeinigt. Weitere Verfahren und Strafen stehen noch aus. Allerdings wurde im Radio bemerkt, dass es BP nicht verboten ist, weiterhin mit der Regierung Ölgeschäfte zu betreiben.
Das Geld ist bereits zugeteilt worden, soll der Behebung der Schäden dienen. Knapp 2,4 Milliarden Dollar sollen an die National Fish and Wildlife Foundation gehen. Die demokratische Senatorin für Louisiana, Mary Landrieu, zeigte sich von deren Arbeit beeindruckt, allerdings auch besorgt darüber, dass nur eine Person in deren Aufsichtsrat von der Golfküste stammt.
Gestern wurde gemeldet, dass auf einer anderen Ölplattform, die nicht von BP sondern von Elk Energy aus Texas betrieben wird, ein Feuer ausgebrochen ist und mehrere Personen vermisst werden. Diese befindet sich auch im Golf von Mexiko 40 Kilometer vor der Küste von Grand Isle. Hier ein kleiner Videobericht mit Kommentar auf Schwyzerdütsch.
Heute habe ich einen kleinen Ausschnitt aus der satirischen Bill-Maher-Show gesehen, wo er Präsident Obama daran erinnert, dass er jetzt keine Angst mehr haben muss, nicht wiedergewählt zu werden und endlich alles umsetzen kann, was er versprochen hatte: Den Krieg beenden, die Truppen abziehen, Windenergie entwickeln...
Windräder im Ozean 40 Kilometer vor der Küste sind sicher sogar im Falle einer Havarie weniger gefährlich als Öl und Feuer. Oder wie heute auf Facebook gesehen (ein Foto mit Solarpaneelen): "Wenn es eine riesige Sonnenpest gibt, dann nennt man das einfach nur einen schönen Tag."
Das Geld ist bereits zugeteilt worden, soll der Behebung der Schäden dienen. Knapp 2,4 Milliarden Dollar sollen an die National Fish and Wildlife Foundation gehen. Die demokratische Senatorin für Louisiana, Mary Landrieu, zeigte sich von deren Arbeit beeindruckt, allerdings auch besorgt darüber, dass nur eine Person in deren Aufsichtsrat von der Golfküste stammt.
Gestern wurde gemeldet, dass auf einer anderen Ölplattform, die nicht von BP sondern von Elk Energy aus Texas betrieben wird, ein Feuer ausgebrochen ist und mehrere Personen vermisst werden. Diese befindet sich auch im Golf von Mexiko 40 Kilometer vor der Küste von Grand Isle. Hier ein kleiner Videobericht mit Kommentar auf Schwyzerdütsch.
Heute habe ich einen kleinen Ausschnitt aus der satirischen Bill-Maher-Show gesehen, wo er Präsident Obama daran erinnert, dass er jetzt keine Angst mehr haben muss, nicht wiedergewählt zu werden und endlich alles umsetzen kann, was er versprochen hatte: Den Krieg beenden, die Truppen abziehen, Windenergie entwickeln...
Windräder im Ozean 40 Kilometer vor der Küste sind sicher sogar im Falle einer Havarie weniger gefährlich als Öl und Feuer. Oder wie heute auf Facebook gesehen (ein Foto mit Solarpaneelen): "Wenn es eine riesige Sonnenpest gibt, dann nennt man das einfach nur einen schönen Tag."
Mittwoch, 14. November 2012
Reisen + Freizeit
Die Zeitschrift Travel + Leisure hat New Orleans in diesem Jahr zur "Besten Stadt Amerikas" (America's Best City) gekürt. Die Stadt rangierte in mehr als der Hälfte der Kategorien unter den ersten fünf. Dazu gehören die "zivilisierten" Vergnügungen wie gepflegtes Essen, Architektur und Antiquitäten, wie auch die "ausgelassenen" Pläsierchen wie Musik und illustre Leute beobachten. Wie es eine Leserin der Zeitschrift bemerkte: New Orleans ist der Inbegriff von Seele: starke Menschen und gutes Essen gemischt mit leidenschaftlichen Melodien. ("New Orleans is the epitome of soul: strong people and satisfying food mixed with passion-fueled tunes.")
Komischerweise zählen die New Orleanser laut dieser Umfrage nicht zu den attraktivsten Bewohnern der USA (während San Juan, Puerto Rico, gar nicht schlecht wegkam. Dabei gibt es in New Orleans auch viele Puertorikaner). Hier kann man übrigens verschiedene Städte der USA ihrer Beliebtheit nach vergleichen.
Komischerweise zählen die New Orleanser laut dieser Umfrage nicht zu den attraktivsten Bewohnern der USA (während San Juan, Puerto Rico, gar nicht schlecht wegkam. Dabei gibt es in New Orleans auch viele Puertorikaner). Hier kann man übrigens verschiedene Städte der USA ihrer Beliebtheit nach vergleichen.
Troubled Water
Letzten Freitag war ich tatsächlich bei der angekündigten Finissage in der Galerie erstererster im Prenzlauer Berg. So fast jedenfalls. Ich kam eine halbe Stunde früher an und gleich mit dem Referenten des Abends, Erik Kiesewetter, und der Fotografin, Constanze Flamme, ins Gespräch. Erik Kiesewetter ist Graphikdesigner und Kulturorganisator einer Agentur namens Constance (was für ein Zufall). Unter anderem hat er die letzte New Orleans Biennale mitbetreut und veranstaltet auch eine Art Kunstmarkt unter dem Namen Avant Garden. Sein Name und seine Herkunft sind übrigens deutsch, und so heißt es auf seiner sehr ästhetischen Webseite "Willkommen y'all".
Constanze Flamme war 2011 und 2012 in New Orleans und Louisiana und hat dort fotografiert. Einige wenige Fotos hingen in der Galerie und ihr Katalog Troubled Water lag aus: farbenfrohe, stimmungsvolle und doch ruhige Bilder, die die Auswirkungen von Katrina und der BP-Ölkatastrophe zeigen. Sie erzählte mir von ihrer Hassliebe für die Stadt, was mir als ein sehr jugendlich ungestümes Gefühl erscheint für eine Region, die man ein paar Mal besucht hat? Üblicherweise scheiden sich an New Orleans die Geister, entweder man hasst es oder man liebt es.
Eigentlich sollte Erik Kiesewetter einen Vortrag über New Orleans halten, und beim Techniktest waren auch einige vielversprechende Abbildungen zu sehen und er war ein kluger und wissender Gesprächspartner. Die Galerie füllte sich langsam, doch eine Stunde nach der angekündigten Anfangszeit musste ich enttäuscht die Segel streichen. Constanze Flamme entschuldigte das mit den Berliner Gegebenheiten, was ich übrigens für ein Missverständnis halte (ebenso wie die Tatsache, dass man die Öffentlichen heute eigentlich nur noch mit einer offenen Bierflasche in der Hand benutzt).
Der größte Teil ihrer Fotos ist noch bis 3. Februar 2013 in einer Privatgalerie zu besichtigen: www.uncommonplace.de (nach vorheriger Anmeldung). Schade war's, aber vielleicht werde ich Erik Kiesewetter bei Gelegenheit in New Orleans erleben können.
Constanze Flamme war 2011 und 2012 in New Orleans und Louisiana und hat dort fotografiert. Einige wenige Fotos hingen in der Galerie und ihr Katalog Troubled Water lag aus: farbenfrohe, stimmungsvolle und doch ruhige Bilder, die die Auswirkungen von Katrina und der BP-Ölkatastrophe zeigen. Sie erzählte mir von ihrer Hassliebe für die Stadt, was mir als ein sehr jugendlich ungestümes Gefühl erscheint für eine Region, die man ein paar Mal besucht hat? Üblicherweise scheiden sich an New Orleans die Geister, entweder man hasst es oder man liebt es.
Eigentlich sollte Erik Kiesewetter einen Vortrag über New Orleans halten, und beim Techniktest waren auch einige vielversprechende Abbildungen zu sehen und er war ein kluger und wissender Gesprächspartner. Die Galerie füllte sich langsam, doch eine Stunde nach der angekündigten Anfangszeit musste ich enttäuscht die Segel streichen. Constanze Flamme entschuldigte das mit den Berliner Gegebenheiten, was ich übrigens für ein Missverständnis halte (ebenso wie die Tatsache, dass man die Öffentlichen heute eigentlich nur noch mit einer offenen Bierflasche in der Hand benutzt).
Der größte Teil ihrer Fotos ist noch bis 3. Februar 2013 in einer Privatgalerie zu besichtigen: www.uncommonplace.de (nach vorheriger Anmeldung). Schade war's, aber vielleicht werde ich Erik Kiesewetter bei Gelegenheit in New Orleans erleben können.
Sonntag, 11. November 2012
Jackson Square
Der zentrale Platz im French Quarter ist der Jackson Square,
nach einer Seite hin offen, ansonsten gesäumt von den Pontalba Apartment
Buildings, der St. Louis Cathedral, dem Cabildo und dem Presbytère beiderseits
der Kathdrale (Foto). In der Mitte befindet sich ein kleiner gestalteter Park mit
Bänken und einer Statue für General Jackson auf seinem Pferd, das Ganze umgeben von einem
hohen eisernen Zaun. Auf dem umliegenden Pflaster sitzen
Porträtzeichner, Maler, Wahrsagerinnen, Schuhputzer, Musiker für die Touristen, und gelegentlich schlendern Polizisten vorbei.
Der Platz wurde dem Place des Vosges (Vogesenplatz) im Pariser Marais nachempfunden (ist allerdings viel kleiner) und hieß früher
Place d’Armes (Platz der Waffen). Nach der Schlacht von New Orleans, die Andrew Jackson siegreich
gegen die Engländer führte, wurde der Platz nach ihm benannt (1815, die Statue steht seit 1856). Auf der offenen
Seite zum Fluss hin ist die Decatur Street, an der geschmückte Kutschen mit Mauleseln und illuster
bekleideten Stadtführern auf Touristen warten. Im September gingen von dort
auch die neuen Doppelstockbusstadtrundfahrten los, die gerade eingeführt
wurden.
Geht man über die geschwungene Treppe jenseits der Decatur Street weiter, über die Straßenbahngleise und wieder eine Treppe hinauf, dann kommt man zum Moonwalk (Foto), einer befestigten
Flusspromenade, auf der man über den weiten, geschwungenen
Mississippi hinwegblicken kann, benannt nach Bürgermeister Moon Landrieu (geb.
1930, 1960-66), Vater der Senatorin Mary Landrieu und des jetzigen
Bürgermeisters Mitchell Landrieu.
Jener hat jetzt einen Gesetzesentwurf einbringen lassen, dass der Jackson Square von 1 bis 5 Uhr früh zur Reinigung geräumt werden muss, was nachtaktive Wahrsagerinnen und Musiker empört (hier). An den verschiedenen Ecken sind auch die Preservation Hall, das Café du Monde, Pirate’s Alley. 80% der Besucher der Stadt besuchen den Jackson Square, und die genießen es, dass es keine Sperrstunde gibt und man jederzeit auf offener Straße (oder auf dem Platz oder der Promenade am Fluss) Alkohol trinken darf. Mitch Landrieu wird sich doch nicht unbeliebt machen wollen...
Jener hat jetzt einen Gesetzesentwurf einbringen lassen, dass der Jackson Square von 1 bis 5 Uhr früh zur Reinigung geräumt werden muss, was nachtaktive Wahrsagerinnen und Musiker empört (hier). An den verschiedenen Ecken sind auch die Preservation Hall, das Café du Monde, Pirate’s Alley. 80% der Besucher der Stadt besuchen den Jackson Square, und die genießen es, dass es keine Sperrstunde gibt und man jederzeit auf offener Straße (oder auf dem Platz oder der Promenade am Fluss) Alkohol trinken darf. Mitch Landrieu wird sich doch nicht unbeliebt machen wollen...
Sonntag, 4. November 2012
Aktuelles
In der Galerie erstererster in der Pappelallee 69 in Berlin findet noch bis Freitag die Fotoausstellung Troubled Water mit Fotos aus New Orleans statt. Fotografiert hat Constanze Flamme. Am Mittwoch, 7. November, 20 Uhr gibt es dort den Film The Sound after the Storm, ein Dokumentarfilm, der auch vor circa zwei Jahren im Kino lief. Am Freitag 20 Uhr ist eine Finissage mit einem Vortrag des jungen New Orleanser Künstlers Erik Kiesewetter, und Louisiana Cocktails und Funk aus New Orleans werden auch versprochen. Ich habe die Ankündigung gerade erst erhalten, aber vielleicht sehen wir uns dort...
Samstag, 3. November 2012
Im Netz
Die Cajun-Hauptstadt Lafayette, Louisiana, ist eine der
wenigen Städte der USA, die über ein städtisches Breitband-Internet-System
verfügen. LUS Fiber ist eine Tochter von Lafayette Utilities System, dem
stadteigenen Stromanbieter, und bietet neben einer Internetverbindung mit einer
Geschwindigkeit von 100 Megabit pro Sekunde auch Kabelfernsehen und Telefon an.
Das ließ sich nicht ohne massiven Widerstand,
Fehlinformationskampagnen und sogar Klagen vor Gericht seitens zweier privater
Anbieter durchsetzen, doch 2007 entschied das Oberste Gericht von Louisiana
zugunsten der Stadt. Mehr als 1.200 Kilometer Glasfaserkabel wurden dazu unter
der 120.000 Einwohner-Stadt verlegt. Anders als bei anderen Anbietern ist die angekündigte Übertragungsgeschwindigkeit hier gewährleistet. Damit ist
Lafayette nicht nur eine der Cyber-Avantgarde-Städte, sondern es haben sich
auch Firmen neu angesiedelt, wie zum Beispiel Skyscraper Holding, die wegen der
entstehenden Kostenersparnis von Los Angeles nach Lafayette gezogen sind.
Die Gastroenterology Clinic of Acadiana konnte fast völlig in eine
elektronische Klinik umgewandelt werden und gestattet Internet-Konsultationen
zwischen Krankenpflegern und Ärzten in verschiedenen Teilen der Stadt. Noch ist nicht sicher, ob sich das System finanziell tragen wird, doch
heißt es, dass schon der Firmenzuzug und der schnelle Internetzugang für Schulen, Bibliotheken und
private Haushalte die Sache wert sind. Siehe hier.
New Orleans ist in anderer Hinsicht wegweisend. Die Stadt,
die für ihre Korruption und Vetternwirtschaft berühmt-berüchtigt ist/war,
bemüht sich seit Hurrikan Katrina um Behebung des Problems, durch neue
Strukturen bei der Polizei, die Auflösung der Schulbehörde usw. Bürgermeister
Mitch Landrieu setzt sich seit seiner Amtseinführung für mehr Transparenz und
Effektivität der Arbeit der Stadtregierung ein. Eine Mittel dazu ist die
Webseite data.nola.gov, die seit August 2011 Budgetdaten usw. veröffentlicht.
Noch ist die Auflistung im Entstehen, doch die Benutzer können Anregungen
dafür geben, welche Daten genau sie sich wünschen.
Die aus Spenden finanzierte Organisation Code for America setzt sich ebenfalls für
mehr Transparenz ein, die das Verhältnis von Bürgern und Regierenden verbessern soll. Dazu werden bestimmte
Städte ausgewählt und dann Fellows rekrutiert, also junge Programmierer
und Webdesigner. In New Orleans wurde auf diese Weise mit OpenSource-Programmen eine Webseite erstellt, die verlassenen
und verkommenen Häusern gewidmet ist. Diese können nicht nur das Stadtbild verschandeln,
sondern wie wir über die Theorie der zerschlagenen Fenster (Broken windows
theory) wissen, Vandalismus und schwerwiegendere Kriminalität zur Folge haben, und deshalb wird das eigentlich auch geahndet. Auf blightstatus.nola.gov lässt
sich jetzt der Status solcher Adressen einsehen; aktualisiert wird jeden Dienstag,
17 Uhr Ortszeit. Gelesen hatte ich darüber u.a. hier in der taz.
Ein
wenig erinnert mich das an eine andere Webseite, besser gesagt einen Blog
namens Squandered Heritage (Vergeudetes Erbe), auf dem die Begründerin Karen
Gadbois Häuser dokumentierte, die nach Katrina abgerissen wurden oder zum
Abriss vorgesehen waren, manchmal für die Eigentümer im Exil die einzige
Informationsquelle. Inzwischen hat sie eine preisgekrönte Webseite gegründet, The Lens (Die Linse), die sich mit Politik,
Umwelt, Schulen, Bebauungsplanung, Strafjustiz, investigativem Journalismus
beschäftigt, auf der Squandered Heritage als Rubrik fortgeführt wird. Seit der Entkernung der Tageszeitung Times-Picayune, die seit Oktober nur noch drei Mal wöchentlich als Druckausgabe erscheint, ist The Lens noch wichtiger geworden.
Hier noch ein Hinweis auf eine kleine Aktion, über die ich
auf Facebook erfahren habe. Hurrikan-Katrina-Veteranen haben kleine Weisheiten
und Wünsche für von Hurrikan Sandy betroffene New Yorker geschrieben und sich
damit fotografieren lassen. Von Herzen, und das ist sehr berührend. Hier.
Irgendwie ist eben doch alles verbunden.
Donnerstag, 1. November 2012
Louisiana Book Festival
Vergangenen Sonnabend fand in Baton Rouge das diesjährige
Louisiana Book Festival statt, bei dem 145 Autoren lasen oder über ihre Bücher
sprachen. Den Louisiana Writer Award (Schriftstellerpreis) für 2012 erhielt
John Biguenet, ein aus New Orleans gebürtiger Autor, der dort sehr präsent ist, von dem ich bisher aber nur kurze Sachen gelesen habe. Er übersetzt auch
aus dem Französischen und sein Roman Oyster
ist in französischer Übersetzung erschienen (als Le Secret du Bayou, ohne Übersetzer). In einer
Berliner Bibliothek findet sich sein Werk zu Übersetzungstheorien, doch er ist
vor allem auch Theaterautor und eines seiner Hörspiele (Wundmale) soll im WDR bzw. im
Österreichischen Rundfunk gelaufen sein. Mir gefällt auch sein präziser und
sachlicher Blog, den er nach Katrina für die New York Times verfasst hat. Ein
Autor, der für uns Deutschsprachige noch zu entdecken ist.
Beim Louisiana Book Festival gab es auch eine
Kunstausstellung, Essen, Geschichtenerzähler für Kinder und „Wordshops“ für
Schreibende. Beeindruckt hat mich, dass sich gleich auf der ersten Seite eine Rubrik mit dem Titel „Special Needs“
(Besondere Bedürfnisse) befindet, mit Hinweisen auf barrierefreie Parkplätze
und Transportservice. Dort ist auch ein Foto mit einer Gebärdendolmetscherin für
Gehörlose zu sehen, denn kostenloses Gebärdendolmetschen wurde gewährleistet. Außerdem bot das Programm eine „Lesung aus Braille“, organisiert
vom Nationalen Blindenverband in Louisiana. Man mag das als Politische
Korrektheit verteufeln (die ich persönlich für richtig und wichtig halte),
doch ist es nicht denkbar, dass man sich als Betroffene mit diesem Begriff besser und gleichberechtigter
angesprochen fühlen könnte? Abgesehen von Begrifflichkeiten scheint es mir, dass die
Berliner Literaturfestivals bezüglich der Einbeziehung von Menschen mit
Behinderungen (oder mit besonderen Bedürfnissen) noch Nachholbedarf haben.
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