Große Lyriker aus den Südstaaten gibt es nicht so viele wie
Prosaautoren, das hatten wir schon mal festgestellt. Aber hier ist einer: Der
Beat-Dichter Bob Kaufman, der am 18. April1925 in New Orleans geboren wurde.
Dort wuchs er, je nach Quelle, als eines von 13 oder 14 Kindern eines
deutschstämmigen orthodoxen Juden und einer afroamerikanischen bzw. aus
Martinique stammenden Katholikin auf (er schrieb: „my negro suit has jew
stripes“). An beider Religionen hatte er als Kind teil, aber später bekannte er sich zum
Buddhismus. Seine Großmutter soll Voodoo praktiziert haben. Laut einer Studie wuchs er in der Seventh Ward auf, und beide Eltern gehörten der kreolisch-afroamerikanischen Bevölkerungsgruppe in New Orleans an. Er selbst sprach auch kreolisches Patois. Mit
neunzehn ging er zur Handelsmarine und umrundete in 20 Jahren neun Mal die
Welt und erlebte vier Schiffbrüche. An Land studierte er kurzzeitig an der New
York School, wo er Allen Ginsberg und William Burroughs kennenlernte.
Mit ihnen zog er nach San Francisco, wo er meist in
North Beach lebte. Er soll den Terminus „Beatnik“ geprägt haben und war einer
der Mitbegründer der Zeitschrift Beatitude. Dass er weniger bekannt ist als die
übrigen, liegt daran, dass von ihm nur wenige Gedichte in Lyrikbänden
erschienen sind. Er verstand sich als Poet in der mündlichen
Tradition und trug seine Gedichte auf den Straßen San Franciscos oder in
Kaffeehäusern vor. Oft wurde er dabei für einen Obdachlosen oder Bettler
gehalten, und 1959 soll er 39 Mal festgenommen worden sein.
Seine Lyrik ist vom Jazz inspiriert, oft synkopiert und von
Musik begleitet („Jazz is an African traitor“ schrieb er in Solitudes) und
wird auch als surrealistisch bezeichnet. Deshalb nannte man ihn auch „the
original bebop man“ und in Frankreich manchmal „Rimbaud noir“.
Nach dem Attentat auf Präsident Kennedy 1963 erlegte er sich
Schweigen auf, das er erst nach dem Ende des Vietnamkriegs mit dem berühmten
Gedicht All those ships that never sailed brach. Es ist vermutlich von einem
Gedicht von Leonard Cohen inspiriert, siehe hier. (Nicht ungewöhnlich: Paul Celans Todesfuge
ist eine Adaption und Perfektionierung eines Gedichts von Immanuel Weissglas.)
Bei Kaufman ist es sein poetisches Verfahren, denn für
ihn ist die Welt voller Poesie, die um seinen Kopf herumwirbelt und die er
aufgreift. Er wollte auch nicht, dass seine Gedichte abgedruckt werden, und so
ist es vor allem seiner Frau Eileen zu verdanken, dass einige überliefert sind,
weil sie fleißig mitgeschrieben hat. Bekannt ist er vor allem für sein Abomunist
Manifesto, Solitudes Crowded with Loneliness (1982 Deutsch von Udo Breger als Eremit
in San Francisco), Golden Sardine und The Ancient Rain. Er starb 1986 im Alter von
nur 60 Jahren.
Bob Kaufman ist legendär und sagenumwoben, und über sein
Leben ist nicht viel bekannt. Folgerichtig trägt seine Biographie von Mel Clay Jazz
Jail and God (Jazz, Gefängnis und Gott) den Untertitel „Impressionistic
Biography“. „I want to be anonymous... my ambition is to be completely
forgotten,“ hatte Bob Kaufman erklärt. Letzteres hat dann doch nicht geklappt:
Gestern gab es in New Orleans im Gold Mine Saloon einen Tribute für ihn mit
Brenda Marie Osbey und anderen Dichtern mit einem kleinen Jazzensemble. Hier einige Erinnerungen von A.D. Winans.
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