Der Londoner Independent
hat gestern eine Liste von David Bowies hundert Lieblingsbüchern
veröffentlicht. Erstaunlich, nicht nur weil man bei nicht allen Popstars davon
ausgehen kann, dass sie lesen, sondern auch, weil er mehr als hundert gelesen
hat und einige davon richtig anspruchsvoll, auch theoretisch, sind! Noch
dazu sagt Bowie, wenn er nicht Musiker geworden wäre, dann wäre er
Schriftsteller geworden, und er verstehe seine Lieder als kleine Romane. Die
Liste wurde von seinem Kurator für eine Ausstellung mit dem Titel David Bowie
Is zusammengestellt, die vom Victoria and Albert Museum in London jetzt
nach Kanada in die Art Gallery of Ontario in Toronto gewandert ist, wo sie bis zum 27. November
2013 zu sehen ist. Auch die Münchener Abendzeitung
berichtete darüber. Als er jung war, soll Bowie immer mit demonstrativ
herumgetragenen Büchern in der U-Bahn angegeben haben, und bei Dreharbeiten in
der Wüste hatte er eine ganze Truhe voller Bücher mit. Ob er jetzt E-Bücher
liest, ist nicht erwähnt, aber angeben konnte man damit wirklich nur ganz kurz
vor ein paar Jahren, als sie noch neu waren, finde ich.
Auf der Liste finden sich die Klassiker wie Camus’ Der
Fremde oder George Orwells’ 1984, aber auch Überraschungen wie Christa Wolfs Nachdenken
über Christa T. oder Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz. Auch auf der
Liste sind einige Bücher oder Autoren, die ich hier schon rezensiert habe: On the
Road von Jack Kerouac und Kaltblütig von Truman Capote, aber auch African
American Studies-Klassiker wie Richard Wrights Autobiografie Black
Boy und Nella Larsons Passing (auf Deutsch unter dem Titel Seitenwechsel), über
ihr ganz persönliches Thema einer Mulattin, die als weiß „durchgeht“. Außerdem
sind einige von meinen Lieblingsbüchern dabei, zum Beispiel Room at the Top
(Der Weg nach oben) von dem Angry Young Man John Braine.
Überrascht hat mich aber vor allem John Kennedy Tooles Confederacy
of Dunces (Die Verschwörung der Idioten), das Bowie Anfang der 2000er Jahre
gelesen hat, vielleicht ja in Vorbereitung auf ein Konzert in New Orleans? Auf
mehreren Touren ist er dort aufgetreten, und man findet im Internet die
Setlisten für die Konzerte am 30. April 2004 im Saenger Performing Arts Theater
an der Canal Street (hier)
und am 6. Oktober 1987 im Louisiana Superdome (hier).
Bowies Titel Time
ist wohl 1974 während eines Tourneestops in New Orleans entstanden.
Übrigens war das wunderschöne Saenger, wo ich vor langer Zeit mal den Fiedler
auf dem Dach gesehen habe, seit Hurrikan Katrina geschlossen. Heute wird es mit
einer Gala eröffnet und noch im Oktober kommen Garrison Keillor mit dem Prairie
Home Companion, Wynton Marsalis und Orchester, Diana Ross usw. Für die
folgenden Monate sind auch der Satiriker Bill Maher und der Musiker Dave
Matthews angekündigt. Und wer weiß, vielleicht schaut David Bowie jetzt auch mal
wieder vorbei.
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